Tom Clancy's H.A.W.X. 2
A-Bomben, Separatisten, Terroristen... Das Übliche halt.
Blendet man all diese seltsamen Ärgernisse, die Ungereimtheiten sowie die überraschend schwache und unfertig wirkende Clancy-Story aus, dann lässt sich hier schon etwas Flugspaß herausholen. Das Herumkurven jenseits der Limitationen der Realität fühlt sich als etwas ruhigeres Ballergame begriffen nicht schlecht an, auch wenn man spielerisch relevante Unterschiede zwischen den Fliegern schon suchen muss. Ob nun A-10 oder F-22, beide flogen sich, auch dank eines nur sehr vagen und begrenzten Geschwindigkeitsgefühls, ziemlich ähnlich.
Die Steigraten, die Beweglichkeit - all diese Faktoren unterscheiden sich nur, wenn man wirklich darauf achtet, was ja dem Arcade-Anspruch des Flugmodells entgegenkommt und an sich jetzt nicht einmal so schlimm ist. Hauptsächlich weil die Entwickler dieses Gefühl gut vermitteln und das Drehen und Gieren hinter den MIGs her auch nach ein paar Stunden noch Freude bereitet.
Einige neue Flugsequenzen sind am Ende das, was H.A.W.X. 2 von H.A.W.X. unterscheidet. In der Luft fühlen sich beide Spiele beinahe gleich an, viele Flugzeuge gab es auch schon im ersten Teil und beinahe alle normalen Mechaniken der Waffen kennt man. Eine Rakete, die sich von Hand zu Bodenzielen lenken lässt oder die eingangs besprochenen Fadenkreuz-Bomben definieren halt noch kein neues Gameplay. Erfrischend wirken die Starts, Landungen und Auftankmanöver. Eine nette Abwechslung im Flugalltag und sogar mitunter ein wenig fordernd. Unter Feindbeschuss schnell mal eine Landung zum Waffennachladen hinzulegen, lädt zu kleinen Freudenjauchzern ein, sofern denn auch der Start danach noch gelingt.
Was jedoch deutlich schwächer ausfiel, gerade im Angesicht der Action-Möglichkeiten des simplen Steuerungsmodells, sind die Missionen selbst. Eine der besten Aufgaben des ersten H.A.W.X. war der nächstliche Flug mit einer F-117 durch eine Todeszone. Ihr musstet genau dem Weg folgen und das Gefühl, wirklich On The Edge da durchzukommen, passte. So einen Moment gibt es im Nachfolger praktisch nicht. Ein Canyon-Run, in dem nicht mal geballert wird, eine schwache und kurze Kopie der eben beschriebenen Mission, der Rest reduziert sich auf eine vorhersehbare Mischung aus Luft- und Bodenzielen. Und selbst hier versteht das Spiel nicht, die Größe seiner eigenen Taten zu inzenieren. Ob ich jetzt einen gesicherten Flugzeugträgerverband oder ein paar Patroullienboote angreife, unterscheidet sich nur dadurch, dass ich auf den einen Pott zwei Bomben mehr draufwerfen muss. Keine Besonderheiten im Verlauf, kein Korridorflug, um den Abwehrraketen-Dauerfeuer des Riesen zu entgehen, nichts. Anvisieren, Bombe drauf, fertig.
Die Spielzeit der Kampagne blieb kurz. Sieben bis acht Stunden auf normal, etwa 20 Missionen. Ein halbes Dutzend grundlegend unterschiedliche Regionen. Russische Berge, arabische Wüste, ein seltsamer Ausflug nach Norwegen und Schottland und ein, zwei mehr sorgen für genügend Abwechslung und wurden dank realer Satellitendaten auch wieder ganz nett in Szene gesetzt, zumindest solange man respektvollen Abstand hält. Aus der Nähe wirken die Berge sehr kantig, die Texturen ausgesprochen grob und die Landschaftsdetails wie Häuser oder Bäume wie eine Reminiszenz an den Anfang dieses Jahrtausends. Allein die Flugzeugmodelle selbst sind okay, nur halt kaum besser als bei Teil 1.
Und die Zwischensequenzen... wow. Teilweise. Manches sieht brauchbar aus. Aber einige Dinge... Diese Einblendungen mit dem aktuellem Piloten vor der Fahne, diese gescannten Pappaufsteller der Bösewichter, die sich in das Bild hineindrehen. Das ist furchtbar! Wie kann ein moderner, großer Entwickler wie Ubisoft solche - immerhin vereinzelten - Komplettausfälle durchgehen lassen?! Das wäre vor zehn Jahren verpönt gewesen. Jetzt... wow.
Kommen wir zu dem Modus, der einiges rettet. Damit meine ich nicht den Arcade-Modus, der euch die gleichen Missionen mit kleinen Twists noch einmal spielen lässt. Auch nicht den Free-Play-Landschaftsgucker-Modus, sondern den Multiplayer. Hier spielt die KI der eigenen Begleiter keine so große Rolle, zumindest sofern sich die Spieler eines Teams oder Partner im Koop entscheiden, einander sinnvoll auszuhelfen. Die gesamte Kampagne lässt sich miteinander bestreiten, einzelne Missionen natürlich auch oder ihr definiert eine eigene Runde. Online oder per System-Link bleibt euch überlassen, aber einen Splitscreen gibt es nicht.
Leider ließ sich das nicht so richtig austesten, da die Server zwar zumindest scheinbar schon anwesend, nur natürlich noch nicht belebt waren. Die spannende Frage dabei dürfte die Beteiligung auf Dauer betrachtet sein. Habt ihr eine feste Gruppe mit Headsetkontakt oder sind zumindest eine Vielzahl an Leuten online, dann könnte hier H.A.W.X. 2 einen echten Gewinn aus seiner Online-Freude ziehen, selbst wenn ihm zum Thema Multiplayer-Versus bis auf einen Team-Battle denkbar wenig einfiel. Und sonst? Infos zu den tollen Imaging-Satelliten, der uPlay-Zugang und ein Levelsystem, dass zu nicht viel außer zum Freischalten von Inhalten wie neuen Flugzeugen oder Arcade-Missionen dient, die von vornherein nicht verschlossen sein sollten.
H.A.W.X. 2 versteckt seine immer noch vorhandenen, soliden spielerischen Grundwerte als Arcade-Action-Shooter-Flieger unter einer Decke an belanglosen Ablenkungsmissionen und streut nur wenige kleine Ergänzungen zur Rechtfertigung der neuen Zahl hinter dem Namen ein. Nach wie vor können sich weder Steuerung noch Fluggefühl noch sonst etwas endgültig zwischen Action und Simulation entscheiden und verharren in einem Limbo der vagen, irgendwie massentauglichen Einbindung in die Clancy-Reihe. In Sachen Technik, Missionsdesign und Story scheint man eher sogar noch einen Schritt zurückgegangen zu sein und es fehlt einfach etwas, mit dem sich dieses Spiel den Gamern empfielt. Irgendetwas, das es von seinem inzwischen sehr preiswerten Vorgänger absetzt.
Es macht immer Spaß, mit Mach 2 durch Canyons zu heizen und auf MIGs zu ballern, insbesondere im durchaus ordentlich ausgestatteten Multiplayer- und Koop-Modus. Daran ändert auch H.A.W.X. 2 und seine weitestgehend unterirdische Freund-KI nicht viel. Nur behandelt es alles, was es bietet, auf eine zumeist uninspirierte und oft auch mittelmäßige Weise, dass man beinahe die Existenzberechtigung dieses Spiels angesichts des nicht schlechteren ersten Teils infrage stellen könnte. Sicher, H.A.W.X. 2 zu spielen schmerzt - meistens - nicht, aber reicht das?
H.A.W.X. 2 ist ab sofort für die Xbox 360 zu haben. Am 9. September folgt die PS3, kurz danach der PC und im November die Wii-Fassung. Zu meiner endlosen Überraschung gibt es keine Special Editions.