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Total War: Shogun 2

Fast perfekt

Was für ein Einstieg: Gleich in meiner ersten Shogun-2-Kampagne auf dem Schwierigkeitsgrad „Schwer" bekam ich nach heftigen Auseinandersetzungen mit christlichen Rebellen und 60 Zügen von zwei KI-Clans den Hosenboden versohlt. Und das, obwohl ich so ziemlich jeden Vorgänger gespielt habe und mich eher als Strategie-Veteran bezeichnen würde. Bin ich also schlicht unfähig oder hat die globale Strategie wirklich so zugelegt? Nach zwei bis drei weiteren Anläufen kann ich bestätigen: Es liegt wirklich nicht an mir. Creative Assembly ist es mit Shogun 2 gelungen, erstmals auf der Übersichtskarte einen Standard zu erreichen, der sogar die Civilization-Serie alt aussehen lässt. Noch nie habe ich erlebt, wie eine Künstliche Intelligenz so geschickt, glaubwürdig und gerissen agiert.

Doch nicht nur beim Taktieren mit Truppen, dem Einsatz von Spezialagenten und Schiffen setzt Shogun 2 Zeichen. Auch bei der Diplomatie bekommt man endlich Partner vorgesetzt, die geschickt auf euer Handeln reagieren, euch bewusst isolieren, wenn ihr zu stark werdet und sich in der Endphase der Kampagne mit Nachbarn verbünden, um euch den sicher geglaubten Sieg abzuluchsen. Schade, dass es den Engländern nicht gelungen ist, die gleiche Qualität auch in den Echtzeitgefechten zu erreichen. Hier verhält sich der Computer zwar deutlich geschickter und sieht vor allem bei den Belagerungen deutlich besser aus, trotzdem lässt er sich immer wieder einen sicher geglaubten Sieg stehlen und schickt seine Generäle in den Freitod. Zum Glück einer der wenigen groben Fahrlässigkeiten.

Anfangs war ich mir ja nicht sicher, ob mir das Szenario gefällt. Das Japan des 16. Jahrhunderts ist ein ganz besonderer Ort. Ein Dutzend Clans streiten sich auf der viergeteilten Landmasse um die Vorherrschaft. Das Shogunat hat im letzten Jahrhundert immer mehr an Bedeutung verloren. Immer wieder gibt es Bürgerkrieg. Damals noch vor allem mit Schwert, Speer und Bogen. Doch in den Häfen und Handelspunkten lauert eine neue Gefahr, die die gesamte japanische Kultur bedroht. Europäische Händler bringen aus dem fernen Westen nicht nur brutale Feuerwaffen mit, sondern auch das Christentum. Diese neue Religion bedroht den bisher gepflegten Shinto-Buddhismus. Gepredigt durch Missionare, konvertieren immer mehr Bürger und es kommt zu ersten Ausschreitungen.

Detaillierter geht es kaum.

Dieser Kampf um die religiöse Vorherrschaft sorgt gerade in der sonst eher gemächlichen Anfangsphase für packende Stunden. Ihr müsst euch schon früh entscheiden, ob ihr dieser Plage eigene Mönche und Tempel entgegensetzt oder ob ihr selbst die Seiten wechselt. Doch auch dieser Schritt hat einen Nachteil. Bisher loyale Regionen können ohne Militärpräsenz den Aufstand üben und so wichtige Ressourcen binden.

Ihr seid also bei der Kampagne nicht nur mit den gegnerischen Clans, sondern auch mit Innenpolitik beschäftigt. Eine überraschend spannende Mechanik, die die damaligen Zustände, zumindest laut Geschichtsschreibern, einigermaßen glaubwürdig widerspiegelt. Doch nicht nur in diesem Bereich wurde die Kampagne stark verbessert. Creative Assembly liefert abseits der Echtzeitgefechte ein immer komplexeres Gameplay, das sich inzwischen wirklich nicht mehr vor Civilization zu verstecken braucht. Natürlich kann man in einem Spiel, das Total War im Namen trägt, keinen friedlichen Sieg erringen oder sich technologisch aus der Affäre ziehen, doch wenn es um die militärische Dominanz geht, erreicht die Serie mit Shogun 2 ihren Höhepunkt. Der Rundenstrategie-Part ist dabei so gelungen, dass ich einen Großteil der Schlachten von der KI austragen lasse und mich lieber auf die strategischen Feinheiten konzentriere. Nur wenn es wirklich knapp wird, nehme ich selbst das Ruder in die Hand. Ja, so gut ist der globale Strategie-Part.

Die neuen Festungen sind sowohl spielerisch als auch optisch erstklassig.

Interessanterweise gibt es kein einzelnes dominierendes Feature, das diesmal den Unterschied macht. Vielmehr ist es Creative Assembly gelungen, mit vielen Detailverbesserungen und überfälligen Änderungen die Kampagne als Ganzes auf ein neues Niveau zu befördern, ohne die grundlegende Spielmechanik dramatisch zu verändern.

Das geht damit los, dass jede Provinz nun andere, deutlich unterschiedliche Ressourcen-Gebäude besitzt. Um den wichtigsten neuen Faktor, die Nahrung, entsprechend zu würdigen, findet ihr in jedem Abschnitt Reisfelder. Diese sind enorm wichtig, da eine Hungersnot das Wachstum der Regionen stark einschränkt beziehungsweise die Leute zur Rebellion treibt. Außerdem könnt ihr auf euren Gebieten eine Schmiede aufbauen, eure Holzproduktion vorantreiben, in einem Steinbruch Material für verbesserte Straßen organisieren oder eben einen Hafen so weit ausbauen, dass er neben europäischen Handelswaren auch Kriegsschiffe produzieren kann. Da ihr für einige spätere Gebäude und Einrichtungen genau diese Ressourcen benötigt, sind eine aggressive Vorgehensweise und ein starker Handel so enorm wichtig.