Turning Point: Fall of Liberty
Tief gefallen
Generell läuft es für uns Tester auf zwei Arten von Spielen hinaus. Die erste Sorte ist die gute, die man gerne spielt und von der man sich losreißen muss. Mal mehr, mal weniger gewaltsam. Die zweite macht es einem einfacher. Eigentlich spielt man sie nur, weil man es muss. Und freut sich auf den Moment, in dem man endlich an den Laptop kann, um all die negativen Energien, die das Spiel aufbaute, in einen Text fließen zu lassen.
Ich hätte wirklich nicht geglaubt, dass Turning Point: Fall of Liberty in die zweite Kategorie fallen würde.
Es klang so viel versprechend und schien der lang ersehnte Ausbruch aus den üblichen WWII-Bahnen zu sein. 1932 stirbt Churchill, England bereitet sich zu spät auf den Krieg vor und da niemand an den Stränden und in den Feldern bereitsteht, die braune Flut zurück zu schlagen, erobert Hitler ganz Europa. Und warum aufhören, wenn die Ostküste der USA so greifbar ist. Mit einer riesigen Armada setzt Nazideutschland 1953 über und der Krieg wird in den Straßen der US-Metropolen ausgefochten.
Das Endprodukt wartet zwar immer noch mit dem obigen Setting auf. Was sich dann aber darin abspielt, spottet, zumindest schon mal in Bezug auf den Plot und Spielercharakter, jeder Beschreibung. Ihr lenkt den New Yorker Bauarbeiter Carson durch Turning Point: Fall of Liberty.
Die Bauarbeitergeschichte ist natürlich eine Tarnidentität. Da bin ich mir sicher, denn eigentlich ist er Undercover Navy-Seal, der mit jeder Waffe sofort perfekt klarkommt, die Stamina eines Berggorillas mitbringt und als Army of One so richtig mit Fritz im Homeland aufräumt. Wird zwar nirgends gesagt, aber normale Bauarbeiter machen nicht die Dinge, die Carson hier vollbringt.
Bis zu dem Punkt hin, an dem er das weiße Haus sprengt und den von den Nazis eingesetzten Marionetten-Präsidenten der USA erschießt, oder wie in meinem Falle, ihm kurzerhand das Genick bricht. Und danach das gleiche Schicksal zehn durch die Tür brechenden Nazis zukommen lässt. Das hier ist kein alternatives Realitäts-Setting, das ist Comic pur.
Leider scheint es dem Entwickler Spark Unlimited komplett entgangen zu sein, als sie eine bierernste Welt ohne den Hauch von Selbstironie zusammen schusterten und danach den Rambo von der Baustelle zum Amoklauf hineinsetzten. Es passt nicht zusammen. Und es hilft dabei auch nicht, dass Carson offensichtlich stumm ist. Kein Wort kommt über seine Lippen, nicht mal ein Grunzen, das die traurigen Reste der Ingame-Story irgendwie illustrieren würde.
Innerhalb der neun sehr kurzen Levels, geschätzte Laufzeit fünf Stunden, spielt der Verlust der visionären Handlungsidee oder überhaupt einer kohärenten Linie keine große Rolle. Turning Point dürfte wohl in der Riege der linearsten Shooter einen der Spitzenplätze belegen. Geht hierhin, geht dorthin, schaut nicht zur Seite, da lang geht’s.
Mit der arroganten Strenge eine Gestapohauptmanns aus einem Indiana Jones-Streifen wird Euch die Marschrichtung vorgeben. Nur die Tatsache, dass Carson nicht automatisch durch den Level wandert, unterscheidet das Gebotene von einem Rail-Shooter. Andere FPS lassen Euch auch nicht wahnsinnig viel Freiheiten, wenn ich aber zwei mögliche Durchgänge sehe, beide offensichtlich passierbar und das Spiel verbarrikadiert mir einen mit einer unsichtbaren Wand, läuft was falsch.