Turning Point: Fall of Liberty
Was wäre wenn?
Etwas weniger als drei Stunden von Nürnberg nach München. Für 150 Kilometer. Manchmal möchte ich einfach nur ins Lenkrad beißen. Besonders dann, wenn zwei interessante Produkt-Präsentationen auf dem Spiel stehen. Codemasters hatte in den 'Club Keller', einer kleinen Bar im Kunstpark Ost, geladen – im Handgepäck: Turning Point: Fall of Liberty und Jericho.
Illegal bei einem Großhandel für Fische und Meeresfrüchte aus dem Mittelmeer geparkt (sorry!), war es nur ein Katzensprung zum Club. Dennoch: Bei Ankunft waren die einleitenden Worte bereits gesprochen, die ersten 20 Sekunden des Spiels leider vorbei. Aber in Anbetracht der Vorgeschichte sicher verkraftbar. Und los geht's.
Wir befinden uns auf einem Wolkenkratzer. Besser gesagt auf der obersten Etage eines Rohbaus. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Das Brummen PS-gewaltiger Propeller-Motoren dröhnt aus den Lautsprechern. Explosionen und Einschläge fügen sich hinzu, ohne den bedrohlichen Soundteppich zu unterbrechen, sondern um ihn zu vervollständigen. Zwischendrin immer wieder diese quieckigen Klangfetzen, wie früher in Alfred Hitchcock-Filmen.
Die enorme Weitsicht erlaubt einen Blick auf ein unwirkliches Szenario: Flugzeuge und Zeppeline befinden sich im Anflug auf New York. Wir schreiben das Jahr 1953, aber nicht so wie wir es kennen. In Turning Point: Fall of Liberty wurde Nazi-Deutschland nicht in Europa aufgehalten, sondern konnte eine gewaltige Armee aufstellen – nur um jetzt Pearl Harbor-esk in Nordamerika einzufallen. Quasi unbemerkt und über Nacht. Und obwohl man das als Spieler weiß, sind die ersten 15 Minuten in der Haut des einfachen Maurers Danny Carson durchweg von Überraschungen geprägt, die eine gewisse Neugierde wecken. Irgenwie positiv unangenehm.
Die Klangkulisse ist dabei nur initialer Punkt einer umfänglichen Streßsituation. Es muss auf schmalen Stahlträgern balanciert werden, ein unvorsichtiger Schritt und Danny kann sich mit beiden Armen gerade noch festklammern. Das allgegenwärtige Brummen befiehlt dabei aber förmlich einen Blick nach oben: Flugzeuge, Bomben, Fallschirmspringer. Zur Seite: Explosionen reißen tiefe Wunden in die Büro-Kolosse aus Beton und Stahl. Und nach unten: 'Scheiße, ist das tief'.
Die Nackenhaare stellen sich dabei nicht nur auf, sie bleiben stehen. Wie mit einer vollen Ladung Haargel behandelt. Das bleibt auch so, wenn man längst wieder mehr oder wenigen festen Boden unter den Füßen hat. Danny kommt an eine provisorische Brücke, die von einem Hochhaus zu nächsten führt. Ein Fallschirmspringer lässt uns kurz stoppen. Er landet, aber der Wind in dieser schwindelerregenden Höhe bläht seinen Fallschirm auf und zieht ihn fast in die Häuserschlucht. Er ist abgelenkt. Anschleichen, kurz in den Schwitzkasten, einen Schlag in die Magengrube, einmal mit der Faust ins Gesicht – und plötzlich befinden wir uns in der Nähe des Abgrunds.
Die Kamera wechselt in eine Heiligenschein-Position und zeigt, wie Danny den Widersacher mit einem letzten Treffer hinunterstößt. Entwickler Spark Unlimited setzt sehr viele Skripts ein, die das filmische Erlebnis aber unterstützen. Im weiteren Verlauf der Präsentation werden Szenen gezeigt, in denen Danny einen Gegner erst mit dem Kopf gegen einen Stahlträger donnert und ihn dann mit beiden Händen auf ein Fließband schleudert. Die Kamera schwenkt dabei mit, um das Geschehen packend einzufangen.