Two Worlds II
Das bessere Gothic
Falls ihr in Two Worlds 2 nicht weiterkommt, dann schaut doch einmal in unsere Two Worlds 2-Komplettlösung.
Hätte JoWooD dieses Spiel als Gothic 4 veröffentlicht, vermutlich hätte sich keiner beschwert. Two Worlds II macht tatsächlich nahezu alles besser, was Rollenspiel-Liebhaber an Arcania vergangenen Monat bemängelt hatten. Und das mit einer Konsequenz, dass man am liebsten allen Entwicklern solcher Rollenspiele eine Pflichtpartie Two Worlds II in den Arbeitsvertrag schreiben möchte. Das ist nicht gerade das, was man nach dem durchwachsenen Vorgänger zwingend erwarten konnte. Dieses Spiel ist gut, richtig gut.
Nachdem ihr Two Worlds II am PC online oder telefonisch aktiviert habt, bekommt ihr euren Aktivierungscode zugeschickt. Auch auf der Xbox 360 empfiehlt es sich übrigens, die 4,45 Gigabyte auf die Festplatte zu ziehen – andernfalls verschluckt sich das Spiel öfter an den Nachladestellen. Ausprobieren konnten wir das mit unserem 360-Testmuster nicht.
Dann geht es los. Sobald ihr euren Held ein wenig an eure Vorlieben in puncto Beinlänge, Bartwuchs, Lippenform & Co. angepasst habt, trefft ihr auf Erzfeind Gandohar. Aus dessen Klauen sollt ihr eure Schwester Kyra befreien. Doch die Geschichte ist weder so einfach, wie sie klingt, noch so offensichtlich. Als ihr kurze Zeit später auf der kleinen Insel Alsorna durch die kniehohen Gräser und Blumen stapft, seid ihr erst am Anfang einer langen Reise. Einer sehr langen Reise, die trotz Traumkulisse keinen Urlaub bedeutet.
50.000 Aura kostet das Haus in Hatmandor, das dieser Kerl euch offeriert. Ein eigenes Haus... Das wäre fein! Schließlich ist Hatmandor eine schöne Stadt. Die Perle der Savanne von Erimos sozusagen. Warm, staubig, mit ein paar Palmen vor den Kopfsteinpflasterstraßen. Menschen drängen durch die verwinkelten Gassen, rempeln euch an. Wortfetzen von Händlern, die ihre Waren feil bieten, dringen in eure Ohren und Wachen schauen schräg, wenn ihr euer Schwert aus der Scheide zieht.
Wer jetzt an Assassin's Creed 2 denkt, liegt nicht falsch. Doch Hatmandor und überhaupt Two Worlds II sind kantiger, komplexer, weniger glatt. Eher ein Conan als ein Ezio, sogar die Musik klingt in Hatmandor stellenweise etwas nach den Conan-Filmen. Eben ein echtes Rollenspiel westlicher Bauart. In Two Worlds II gibt es keine Fähnchen, die auf irgendwelchen Hausdächern versteckt glitzern, oder einen Held, der auf Knopfdruck so gut wie alles im Autopilot erledigt. Two Worlds II bedeutet Arbeit. Arbeit, die Freude bereitet und als deren Lohn man neue Waffen, Rüstungen, Zauber, Tränke und die Möglichkeit bekommt, mehr von der Spielwelt zu sehen, aufzudecken, was passiert ist. Von 60 Quadratkilometern Landmasse spricht der Hersteller, Teil 1 hatte gerade mal 35. Und die waren auch weniger dicht mit Missionsgebern bestückt. Lange Gewaltmärsche erspart euch das Spiel durch Teleporter, der Rollenspieler dankt.
„Du musst neu sein in der Gegend. Offenbar hat dir noch niemand gesagt wie ungesund es ist, das Maul so weit aufzureißen." Die Nichtspielercharaktere machen euch schnell klar, dass die Geschichte kein Kinderspiel ist. Nicht nur weil Blut fließt, sondern weil sie trotz dreier Schwierigkeitsgrade nicht leicht ausfällt. Jederzeit speichern zu können, ist kein nettes Gimmick, es ist überlebensnotwendig! Wer es vergisst, sieht sich schnell einen Weg erneut gehen.
Augen zu und durch funktioniert bei Two Worlds II eher selten. Natürlich könnt ihr an (noch) zu starken Gegnern auch einfach mal im Turbogang vorbeiflitzen. Doch das böse Ende kommt bestimmt. Spätestens bei einem der Endbosse. Die Gegner sind zwar im Schnitt nicht mit einer übermächtigen künstlichen Intelligenz ausgestattet und klemmen auch schon mal an Steinen fest, doch sie verfügen jeweils über eine gewisse Grundstärke. Solange ihr selbst noch als Milchbrötchen unterwegs seid, habt ihr deshalb in einigen Höhlen und Gebieten keine Chance.
Langfristig Erfolg verspricht daher, sich ausgiebig mit dem Kampf-, Magie- und Handwerkssystem auseinanderzusetzen. Die Fülle an Optionen hält nicht nur Rollenspiel-Neulinge auf Trab. Um es kurz zu machen: Wenn ihr Two Worlds II spielt, verbringt ihr viel Zeit in den Menüs, verteilt Skillpunkte auf Fertigkeiten, mischt Pflanzen zu Tränken und kombiniert Zauberkarten. Nicht gerade eine Aufgabe für den schnellen Abstecher mit dem Bastardschwert zwischendurch. Besonders, da sich nicht alles auf den ersten Blick erschließt. Bei einigen Details hatten die Entwickler offenbar die rosarote Fachidioten-Brille auf – anders kann man kaum nachvollziehen, weshalb etwa weder das Spiel selbst noch das Handbuch die Symbole für die jeweiligen Werte der Rüstungen-, Waffen oder Zauber erklären. Oder assoziiert ihr bei einer Mini-Schwertspitze automatisch Schaden durch Schnitte und bei einer Keule Schaden durch stumpfe Schläge?
Trennkost steht auf dem Programm, wenn ihr erbeutete Waffen, Schilde und Klamotten in ihre Bestandteile zerlegt. Dadurch leert sich nicht nur das Inventar, es lassen sich eure Lieblingsobjekte weiter verbessern. Wer kann dazu schon Nein sagen? Selbst magische Edelsteine dürft ihr einschmieden.