Venetica
Der Tod steht ihr gut
Venetica bietet auch all das, was Ihr sonst von Rollenspielen gewohnt seid. Entsprechend möbelt man Scarletts Basisattribute (Stärke, Konstitution, Lebenspunkte, ect.) und ihre Fähigkeiten im Lauf von rund 25 bis 35 Stunden Gesamtspielzeit kräftig auf. Zum einen gibt es physikalische Skills. Die beziehen sich auf Attacken und Kombos mit den vier Waffengattungen Schwert, Sense, Hammer sowie Speer mit Schild. Mentale Skills entsprechen der Magie, dank derer Ihr zum Beispiel Ghouls ruft oder einen Spionage-Raben. Auch ist es möglich, die Zeit zu verlangsamen und anzuhalten.
Es warten zahlreiche storyrelevante Aufträge und Nebenmissionen, über 200 gesprächsbereite computergesteuerte Charaktere, Händler, Kampftrainer und Rüstungsschmiede, drei Gilden (Orden des heiligen Siegels, Die Schattenflügel, Das Netz der Maske), kleinere Rätsel, ein dynamischer Tag-/Nachtwechsel und venezianische Gondeln als Schnellreisemöglichkeit.
Übermäßig viele Ausrüstungsgegenstände, die eine Sammelwut à la Diablo auslösen könnten, dürft Ihr hingegen nicht erwarten. „Wir machen kein Core-Rollenspiel mit 50 Rüstungsarten, bei dem ich ständig darüber nachgrübeln muss, wo welcher Vorteil liegt“, sagt Claas Wolter. Und: Venetica wird vergleichsweise linear. „Es ist kein komplettes Open World wie Fallout 3“. So genanntes Levelscaling wie etwa in Oblivion wird es nicht geben. Das bedeutet: Ein Level-14-Gegner bleibt auch ein Level-14-Gegner, egal auf welcher Stufe die Heldin steht.
Nicht erst seit Baldur's Gate, wo unter anderem so gesächselt wurde, dass einem die Ohrenhaare ausfallen, wissen wir: Eine schlechte Synchronisation tötet jede Atmosphäre. Die präsentierte Vor-Beta von Venetica war noch nicht richtig vertont. Was die Frage aufwarf, wie sich das fertige Produkt anhören soll.
„Wir setzen erst bei unserem nächsten großen Projekt Leipzica sächsische Sprecher ein“, witzelt Kreativ-Chef Jan Klose. „Für Venetica haben wir die Besten der deutschen Synchronsprecher verpflichtet. Die Tonregie wurde auch nicht aus der Hand gegeben. Somit sollte beste Qualität garantiert sein.“ Welche bekannten Stimmen zu hören sein werden, war noch nicht zu erfahren.
Die gezeigte Vor-Beta präsentiert sich auch grafisch noch nicht rund. Renderszenen fehlten komplett, an Gesichtsanimationen gab es wenig zu sehen. Doch trotz diverser kleiner Darstellungsfehler ließ sich bereits großes Potenzial erkennen. Die Optik wirkt nicht ganz so comicartig wie bei Jack Keane. Dennoch springt die typische Handschrift des Deck-13-Teams ins Auge. Das Gefolge von Kreativ-Chef Jan Klose setzt stark auf die Attribute malerisch, märchenhaft und farbenfroh.
Ich möchte Heldin Scarlett keinesfalls auf ihre beiden Brüste reduzieren. Schließlich sind lange schlanke Beine, ein wohlgeformter Po und ein hübsches Gesicht ebenso wichtig. Doch das Thema Aussehen führt mich zu einem wichtigen Punkt: Die Grafik ist nicht so mein Fall. Sie kommt mir trotz der Bosskämpfe – auf derlei Gefechte mit riesigen Gegnern steh ich ungemein – optisch einfach zu „lieblich“ rüber. Nett, süß und niedlich können von mir aus Meerschweinchen, Häschen, Kinder und andere Tiere sein, bei einem Action-Rollenspiel finde ich es unglücklich.
Dass es spielerisch gut wird, daran habe ich hingegen kaum Zweifel. Ein derart erfahrenes, mehrfach ausgezeichnetes Entwicklerteam wird kaum etwas komplett versauen – das Balancing beispielsweise. Zudem bin ich sicher, dass das unverbrauchte Szenario seine Freunde findet.
Venetica erscheint im Herbst für PC und Xbox 360.