Wie Xbox Indies fördert und Menschen aus aller Welt ihre Geschichten erzählen lässt
Im Gespräch mit Sarah Bond.
Die diesjährige Game Developers Conference (GDC) nutzten Microsoft beziehungsweise Xbox für Neuigkeiten und zum Feiern. Einerseits, weil das ID@Xbox-Programm, mit dem man Indie-Entwicklerinnen und -Entwickler fördert und unterstützt, zehn Jahre alt geworden ist. Zehn Jahre, auf die man bei Microsoft mit Stolz zurückblickt.
Andererseits wurden neue Initiativen und Programme angekündigt, etwa das ID@Xbox Developer Acceleration Program. Das Programm hat das Ziel, unterrepräsentierten Entwicklerinnen und Entwicklern sowohl Ressourcen als auch Informationen zur Verfügung zu stellen, mit denen sie Spiele entwickeln und auf die Xbox bringen können.
Unter anderem über diese und andere Themen konnte ich mit Sarah Bond, Corporate Vice President of Game Creator Experience, sprechen.
Eurogamer.de: Was sind die wichtigsten Vorteile des ID@Xbox-Programms für Indie-Entwicklerinnen und -Entwickler?
Sarah Bond: Nun, zunächst einmal möchte ich sagen, dass es wirklich großartig ist, wieder auf der GDC zu sein. Mit Covid und allem hat es ein paar Jahre gedauert. Ich liebe diese Veranstaltung, weil sie wirklich alle Leute zusammenbringt, die Spiele machen. Und das ist für uns bei ID@Xbox wirklich das Wichtigste, um ehrlich zu sein. Es gibt so eine große Vielfalt an Namen, Geschichten und Erfahrungen da draußen und das ID-Programm ermöglicht es uns wirklich, so viele von ihnen wie möglich auf die Xbox-Plattform zu bringen. Wir sind vor zehn Jahren mit genau dieser Vision gestartet.
In den letzten zehn Jahren haben wir tatsächlich mehr als vier Milliarden Dollar an unabhängige Entwickler ausgezahlt. Wir haben 3.000 Titel in aktiver Entwicklung und mehr als 5.000 Entwicklerinnen und Entwickler aus 100 Ländern, die im Programm sind. Mir ist besonders wichtig, dass man einfach nur durch das Senden einer E-Mail daran teilnehmen kann. Man kann Kontakt aufnehmen. Es gibt keine Barrieren, um Teil des Programms zu werden.
Deshalb geht es nicht nur darum, was wir suchen und finden können. Wir machen es so einfach wie möglich und investieren weiter, um es noch einfacher für jeden zu machen, der etwas auf der Xbox veröffentlichen möchte. Und da findet man wirklich diese unglaublichen Hidden Gems, besondere Momente und Geschichten. Zum Beispiel Tunic, das ich vergangenes Jahr gespielt habe und von dem ich wirklich begeistert war, es war fast schwerer als Elden Ring. Es wurde von einem einzigen Entwickler mit einer wunderschönen Geschichte entwickelt.
Er ist zu ins ins ID@Xbox-Programm gekommen. Es hat ihn viele Jahre gekostet, um es fertigzustellen, aber letztendlich wollen wir, dass diese Spiele von Xbox-Spielerinnen und -Spielern erlebt werden. Und deshalb gibt es dieses Programm.
Eurogamer.de: Wie wählt das ID@Xbox-Team die Spiele aus, die in das Programm aufgenommen werden?
Sarah Bond: Im Grunde ist es so, dass man eine E-Mail an ID@Xbox schickt und sein Konzept für das Spiel vorstellt. Und fast alle Konzepte werden genehmigt. Ehrlich gesagt wollen wir nur sicherstellen, dass es ein Spiel ist. Es soll ja keine App sein. Aber im Ernst: Wir schicken dann ein Dev-Kit und man kann loslegen. Wir wollen es so breit und zugänglich wie möglich machen.
Eurogamer.de: Wie hat das ID@Xbox-Programm dazu beigetragen, die Sichtbarkeit und den Erfolg von Indie-Spielen auf der Xbox-Plattform zu steigern?
Sarah Bond: Nun, zunächst einmal wären viele dieser Spiele ohne dieses Programm möglicherweise nicht auf die Xbox gekommen. Erstens geht es darum, dass sie für Xbox-Spielerinnen und – Spieler da sind, um erlebt zu werden, sie können entdeckt werden. Der zweite Punkt ist, dass wir neben ID@Xbox vor fünf Jahren den Game Pass gestartet haben. Und es gibt, glaube ich, mehr als 300 Entwicklerinnen und Entwickler im Game Pass. Viele davon sind unabhängig.
Wir hören immer wieder, dass die Entdeckungsmöglichkeiten, die der Game Pass bietet, für diese Spiele enorm wertvoll sind. Pentiment, Tunic und Vampire Survivors, ein kürzlich erschienenes Spiel, das wirklich unglaublich war. Indem sie zu Xbox kommen und auch von den verschiedenen Methoden der Entdeckung profitieren können, die wir für Indie-Spiele anbieten, können sie wirtschaftlichen Erfolg haben, die Menschen können diese Spiele genießen und diese Teams können weiterhin Spiele entwickeln.
Eurogamer.de: ID@Xbox wird dieses Jahr also zehn Jahre alt. Würdest du sagen, dass es ein durchschlagender Erfolg war?
Sarah Bond: Ja, absolut. Ich denke, ehrlich gesagt ist es einer meiner Lieblingsaspekte von Xbox. Es ist einfach fantastisch.
Eurogamer.de: Ein weiteres Programm ist ID@Azure. Welche speziellen Tools und Ressourcen bietet es für Entwicklerinnen und Entwickler und wie können diese bei der Entwicklung von Spielen eingesetzt werden?
Sarah Bond: Ich gebe etwas Kontext dazu, warum wir dieses Programm gestartet haben. Als wir mit ID@Xbox begannen, erkannten wir den immensen Wert, den Entwicklerinnen und Entwickler durch den Zugang zur Xbox und all den Dingen, über die wir gerade gesprochen haben, erhielten. Aber dann, als wir mit ihnen sprachen, erfuhren wir, dass vielen von ihnen auch während der Spieleentwicklung geholfen werden muss, nicht nur bei der Entdeckung, wenn das Spiel fertig ist. Und obwohl in den letzten zehn Jahren viele Dinge passiert sind, wie Tools, Cloud-Tools, Unity, Entwickler-Tool-Sets, die verfügbar sind, wünschen sie sich wirklich mehr Unterstützung. Sie möchten wissen, wie sie anfangen können.
Sie möchten Ressourcen, die ihnen dabei helfen, auf diese Dinge zuzugreifen. Das war der Grund und der Anstoß für das ID@Azure-Programm. Und deshalb haben wir heute Morgen auch das Developer Acceleration Program angekündigt, weil wir das so häufig hören. Dieses Programm umfasst drei Elemente. Das Erste besteht darin, diesen Entwicklerinnen und Entwicklern die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen, um ihr Spiel zu portieren.
Das Zweite besteht darin, ihnen Informationen bereitzustellen, ihnen Workshops zu ermöglichen, Fragen zu beantworten, sie zu vernetzen, damit sie, wenn sie im Rahmen ihres Entwicklungsprozesses auf etwas stoßen, tatsächlich Hilfe bekommen können. Sie sollen jemanden haben, mit dem sie sprechen können. Wir hören sehr viele positive Rückmeldungen dazu. Ich denke, im Gaming-Bereich ist es, mehr als in jeder andere Medienform, wirklich schwer zu starten, wenn man gerade erst anfängt.
Es gibt wirklich große Studios, aber wir haben im Gaming nicht das, was wir im Musik- und Video-Bereich haben, wo man einfach einsteigen und loslegen kann. Und das Dritte, was sie tun, ist tatsächlich, diesen Entwicklern Prototypen zu ermöglichen, damit sie frühzeitig Feedback zu ihren Spielen erhalten können. Deshalb haben wir gesagt, okay, wir haben mit ID@Xbox begonnen, das haben wir gemacht. Lasst uns Teams wirklich helfen, wenn sie noch früh im Entwicklungsprozess sind, damit sie tatsächlich Erfolg beim Entwickeln ihres Spiels haben können.
Eurogamer.de: Ihr habt auch Game Camps. Was sind sie und wie unterstützen sie angehende Entwickler bei der Verwirklichung ihrer Ideen?
Sarah Bond: Ja, wir haben ein Game Camp. Ich werde heute ich nicht weiter darauf eingehen, weil wir keine Neuigkeiten dazu haben, aber wir haben ein Game Camp. Wir machen sie auf der ganzen Welt. Der Unterschied zu diesem Programm ist, dass es ein Programm ist, das sie durch den Zyklus hindurch unterstützt, Entwickler miteinander verbindet und hilft, ihnen Unterstützung über Xbox zu bieten.
Das andere, was ich betonen möchte, basiert auf dem Feedback, das wir erhalten haben. Wir haben dieses Programm wirklich genutzt, um Entwickler und Geschichten zu fördern, die traditionell keinen Zugang zur Gaming-Branche haben. Wir glauben, dass das wirklich wichtig ist. Benjamin, eines der Dinge, die ich in den letzten fünf Jahren in dieser Branche gelernt habe, ist, dass Gaming im Gegensatz zu jeder anderen Form von Medien wirklich die Kraft hat, Empathie und Verständnis für die Situation einer anderen Person zu entwickeln, weil du tief in die Geschichte eintauchst und handeln musst. Es stimuliert tatsächlich einen anderen Teil deines Gehirns als beim passiven Anschauen einer Geschichte.
Und das ist enorm kraftvoll, weil die Fähigkeit des Gamings, Empathie und Verständnis für eine andere Perspektive aufzubauen, einzigartig ist. Das macht es umso wichtiger, dass alle Geschichten und Perspektiven aus der Welt in Spielen repräsentiert werden und du diese Erfahrungen machen kannst. Wir haben beobachtet, dass die Branche in dieser Hinsicht nicht gut aufgestellt war, obwohl sie dorthin will. Sie ist nicht dort, wo sie sein möchte.
Wir haben gesagt: Okay, wie können wir helfen? Wie können wir es für Menschen, die ihre Geschichte durch Spiele erzählen möchten, einfacher machen, diese Vision zu realisieren und erfolgreich zu sein? Daher ist das Developer Acceleration Program wirklich einzigartig, weil wir uns darauf konzentriert haben, Kreatorinnen und Kreatorinnen zu unterstützen, die traditionell keinen Zugang hatten und die auf respektvolle Weise Geschichten von Menschen erzählen, deren Geschichten traditionell nicht erzählt wurden.
Eurogamer.de: Mit diesem Programm möchtet ihr auch unterrepräsentierte Entwicklerinnen und Entwickler unterstützen. Was möchtet ihr damit konkret erreichen?
Sarah Bond: Ehrlich gesagt ist der Hauptgrund, warum wir das bekannt geben, dass jeder weiß, dass es das gibt. Eine Sache, die ich wirklich interessant finde, ist, wenn Menschen Wörter wie unterrepräsentiert oder vielfältig verwenden - und ich tue mich immer ein wenig schwer damit, die richtigen Worte zu finden. Es ist eine Definition, die von einer Gruppe von Menschen erschaffen wird, die die größte Macht hat, richtig? Und eigentlich möchte ich mich nicht auf diese Definitionen beziehen.
Ich möchte, dass alle den gleichen Zugang haben, weil es da draußen Menschen gibt, deren Geschichte ich nicht kenne und ich möchte keine Kategorisierung festlegen, ob ich ihre Geschichte priorisieren soll oder nicht. Ich möchte, dass jeder eine gleiche Chance hat, seine Story zu erzählen. Mein Ziel ist es, es so zu öffnen, dass jeder davon erfährt. Das ist einer der Gründe, warum wir darüber sprechen. Ich hoffe, dass du über dieses Programm schreiben wirst, denn ich möchte, dass ein Entwickler, von dem ich nicht weiß, wo er sich befindet, wo er lebt, sich tatsächlich an uns wendet, denn das ist wirklich schön und wichtig.
Eurogamer.de: Wie wird diese neue Programm die Diversität in der Spielebranche fördern und wie wird es die Darstellung von unterrepräsentierten Gruppen in Spielen beeinflussen?
Sarah Bond: Ich denke, es wird sicherzustellen, dass diese Geschichten mehr Beachtung bekommen, dass mehr Menschen die Möglichkeit haben, sie zu spielen. Und dass dies wiederum andere ermutigt, dasselbe zu tun, während die erste Generation von Kreatorinnen und Kreatoren ermutigt wird, ein weiteres Spiel zu entwickeln. Und dass ganze Studios und neue Kunstformen des Gamings entstehen können, weil all das begonnen hat. Letztlich wollen wir etwas hinterlassen, das über den Verlauf unseres eigenen Lebens hinaus bestehen bleibt.
Eurogamer.de: Wenn du all die bisher angesprochenen Punkte gemeinsam betrachtest, welche Rolle spielt der Game Pass bei all dem?
Sarah Bond: Vor einiger Zeit hatten Phil [Spencer] und ich ernsthafte Diskussionen darüber, wie sich im Vergleich zu Musik und Video die Form der Monetarisierung eines Spiels tatsächlich stark auf das Gameplay selbst und die Art, wie die Geschichte erzählt wird, auswirken kann. Deshalb wollten wir sicherstellen, dass wir eine Vielfalt an Geschäftsmodellen auf unserer Plattform zulassen. Wir haben Pay-to-play, Free-to-play und sagten uns: Lasst uns ein Abonnement als weiteres Modell einführen und herausfinden, ob wir in Zukunft mit anderen Versionen und Alternativen experimentieren können. Der Game Pass ist wichtig, weil es den Kreatorinnen und Kreatoren eine Option bietet, wie sie die Monetarisierung in ihrem Spiel vorantreiben können, ohne dass sie ihre Kreativität oder die Form des Spiels, das sie erstellen, nur an eine Option anpassen müssen.
Eurogamer.de: Lass uns ein wenig in die Zukunft blicken. Wo siehst du ID@Xbox in zehn Jahren?
Sarah Bond: Wo sehe ich es in den nächsten zehn Jahren? Nun, eines der Dinge, über die wir gesprochen haben, ist die Bedeutung von mobilen Geräten in unserer Branche. Wenn du einen Schritt zurück machst, stellst du fest: "Hey, es gibt drei Milliarden Spielerinnen und Spieler auf der Welt, die überwiegende Mehrheit dieser Mensxchen spielt auf mobilen Geräten." Und wir wissen das, richtig? Wir leben in einer Welt, in der das Duopol von Apple und Google mobile Geräte kontrolliert.
Wir glauben, dass es wichtig ist, Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Spielerinnen und Spielern mehr Auswahl zu geben. Und wir freuen uns darauf, das auszubauen, was wir tun, nämlich einen wirklich auf Spiele, Entwickler und Spieler ausgerichteten Ansatz für mobile Geräte. Und ich kann mir vorstellen, dass die Idee des Programmierens für die Xbox in diesem Bereich in den nächsten zehn Jahren einen enormen Einfluss haben wird.
Eurogamer.de: Gibt es etwas bei all dem, worüber wir heute gesprochen haben, das du noch einmal besonders hervorheben möchtest oder nimmt das alles den gleichen Stellenwert ein?
Sarah Bond: Ich sage das häufig, aber ich möchte es dir gegenüber noch einmal betonen. Spiele sind die Medienform der Menschen, die in der aktuellen Welt aufwachsen. 70 Prozent der Menschen unter 25 Jahren spielen lieber ein Spiel, als sich mit jeder anderen Form von Medien zu beschäftigen, und das schließt soziale Medien ein. Daher kann ich nicht genug betonen, wie wichtig es ist, sicherzustellen, dass alle Perspektiven in Bezug auf das, was unsere Zukunft ausmacht, vertreten sind.
Die Leute sollen wissen, was wir hier versuchen zu tun, und dass sie Zugang zu diesem Programm haben. Dass sie uns eine E-Mail schicken können, weil wir wirklich wollen, dass jeder weiß und jeder die Möglichkeit hat, seinem Geschichte in einem Spiel mit anderen zu teilen. Das ist für mich das Wichtigste, denn ich weiß, dass unsere Kinder und die Kinder unserer Kinder lange, nachdem ich nicht mehr da bin, davon profitieren werden.
Weißt du was? Wenn die Leute es spielen wollen, werden wir es machen.