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Your Shape, Fighters Uncaged, MotionSports & Sports Island

Sport ist Mord

Wer kennt das nicht? Arbeiten, arbeiten, arbeiten. Abends will man vor allem seine Ruhe und am Wochenende Freunde treffen. Zeit für Sport bleibt da wenig. Kein Wunder, dass nahezu jeder zu Hause einen verstaubten Hometrainer oder angerostete Gewichte herumstehen hat. Der Gedanke: „Muss ich mich nicht aus der Wohnung schleppen, trainiere ich viel häufiger." Doch nach einer aktiven Anfangsphase landen die Dinger auf dem Schrank oder im Keller. Zu oft liegen sie im Wohnzimmer herum, nerven die Freundin oder erinnern einen daran, dass man heute schon wieder zu faul war. Also werden sie eingelagert und dann nie mehr angefasst.

So ähnlich geht es mir auch mit dem ganzen Plastikmüll, den ich in den letzten Jahren in Form von Fitness-Boards, Pulsmessern oder Gitarren zugelegt habe. Ständig findet man ein Bauteil nicht, sucht genervt die Batterien oder ärgert sich über die zugemüllte Wohnzimmerecke. Kein Mensch hat Lust, das Zeug ständig hin und her zu schleppen. Aufbau, Abbau, Aufbau, Abbau. Spätestens nach dem fünften Mal schnappt man sich lieber den Controller..

Und genau das ist wohl das für mich wichtigste Argument für Kinect. Einfach Kamera unter den Fernseher, ein wenig Kalibrieren und los geht's. Das Gerät kann zumindest theoretisch ein Dutzend unterschiedliche Staubfänger ersetzen und so für Ordnung sorgen. Die Hürde, einfach mal Your Shape einzulegen, ist hier nicht zu hoch. Doch wie sieht es mit der Effektivität aus? Immerhin hab ich gestern mein normales Training sausen lassen, nur um mich vor meinem LCD-Fernseher zum Affen zu machen. Da will ich wenigstens schwitzen.

Zwei Stunden später habe ich die Antwort: Ich bin klitschnass. - und nein, von meinen seltsamen Verrenkungen gibt es weder Foto- noch Videomaterial. Mal ganz abgesehen, ob das Ganze auch Spaß macht, sorgten gerade Fighters Uncaged, aber auch Your Shape: Fitness Evolved für ein pumpendes Herz und schmerzende Glieder. Und selbst bei Motion Sports und Sports Island Freedom ist man nach ein bis zwei Stunden aus der Puste. Außerdem kann man Kinect nicht austricksen. Keine Mager-Bewegungen mit dem Handgelenk, kein Fuß auf dem Boden oder ähnlicher Quatsch. Bei den meisten Titeln müsst ihr vollen Körpereinsatz zeigen. Wer schummelt, versagt. Doch bringt der ganze Klamauk wirklich genug Freude, um den Fitnessstudio überflüssig zu machen? Quälen kann ich mich dort nämlich auch ganz gut.

Your Shape: Fitness Evolved

Fangen wir mit dem technologischen Prunkstück an. Your Shape: Fitness Evolved fühlt sich gleich nach dem Einschalten wie pure Science-Fiction an. Auf dem weiß leuchtenden Display erscheint euer Umriss samt Kleidung und eurem selten dämlichen Gesichtsausdruck. Alles eingepackt in eine gelartige Flüssigkeit, die bei heftigen Bewegungen Blasen wirft. Schick und beeindruckend. Anschließend wird euer Körper vermessen und ihr bekommt die Grundlagen beigebracht. Ihr bewegt euch nach Anweisungen und bekommt gleichzeitig angezeigt, ob ihr die Übung richtig macht. Die Latenz ist dabei minimal und zeigt, wo die Reise hingeht. Schade, dass sich der Rest nicht ganz so aufregend präsentiert.

Ganz so detailliert wie auf dem Screenshot sieht euer Avatar nicht aus.

Im Prinzip ist Your Shape nämlich „nur" ein technologisch aufwändiges Wii Fit mit etwas weniger Umfang. Im Hauptmenü müsst ihr euch zwischen drei unterschiedlichen Programmpunkten entscheiden. Variante 1 ist der Besuch beim Personal Trainer. Ihr wisst schon, diese nervigen, gut gebauten, Solarium-gebräunten Gute-Laune-Menschen, die einem im Fitnessstudio immer mit Tipps auf den Senkel gehen.

Hier gibt es sie in digitaler Form und nicht ganz so aufdringlich. Nach ein paar Fragen zu Trainingszielen und eurem Körpergewicht geht es gleich ans Eingemachte. Mit ein paar Probeübungen wird eure Fitness festgestellt, danach geht es dann an die einzelnen Programme. Dabei bietet Shape neben einzelnen Aerobic-Sessions auch die gezielte Verbesserungen einzelner Körperteile, die mit steigendem Trainingserfolg durch Gewichte unterstützt werden müssen. Wer es ganz albern möchte, kann sich auch gern für einen Bauch-Beine-Po-Kurs entscheiden. Als Mann eine äußerst erniedrigende Angelegenheit. Für die Freundin aber bestimmt nicht schlecht.

Mehr als die verbrauchten Kalorien und die Trainingszeit wird hier leider nicht vermerkt. Eure allgemeine Fitness wird noch einmal in Körperspannung und Cardio aufgeteilt. Doch ohne einen Pulsmesser fällt es schwer, vorher festgelegte, weiterführende Ziele zu erreichen. Für eine einfache Verbesserung des Wohlbefindens reicht es aber locker aus.

Synchronität und Timing werden belohnt. Der Personal Trainer fordert nicht nur eure Kondition.

Neben diesem Fitnessprogramm für schwabbelige Gamer-Körper gibt es noch einzelne Yoga- und Cardio-Programme. Leider kann man auch hier nicht die Trainingszeit verändern, sondern nur grob den Schwierigkeitsgrad festlegen. Zur reinen Gewichtsabnahme ist Your Shape deshalb nicht ideal. Dazu muss man sehr lange mit niedrigem Puls trainieren, was hier nahezu unmöglich ist.

Als letzter Menüpunkt erwarten euch vier Mini-Spiele. Hier wird geboxt, balanciert und durch die Gegend gehüpft. Nur hier gibt es Punkte und damit die Möglichkeit, gegeneinander anzutreten. Leider machen genau diese Spiele wenig her und langweilen schon nach wenigen Minuten. Kein Vergleich mit Kinect Sports, Sports Champions oder Wii Sports. Es wird einfach zu wenig geboten. Wer also nicht wirklich trainieren oder Non-Gamer von der Technik überzeugen will, kann Your Shape: Fitness Evolved ruhig im Regal stehen lassen. Deshalb reicht es angesichts des mageren Umfangs und des niedrigen Spaßfaktors und trotz der technischen Brillanz nur für eine 7. Mal sehen, ob ich demnächst meinen inneren Schweinehund überwinde und wieder Your Shape einlege. Mein Bauch sagt auf jeden Fall „Ja".