Blacksite: Area 51
Harvey Smith: 'Die Spieler sollen Lärm für uns machen.'
Den Namen „Area 51“ dürfte fast jeder von uns schon mal irgendwo gehört haben. Die im Süden des US-Bundesstaates Nevada befindliche militärische Anlage wurde bis vor wenigen Jahren streng geheim gehalten. Seit dem angeblichen UFO-Absturz 1947 in Roswell ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien um den Komplex. Gibt es hier Aliens? Hat man dort die Mondlandung gefälscht und aufgezeichnet? Die Anlage taucht jedenfalls immer wieder in Filmen, Serien oder Spielen auf. Ebenso im neuesten Werk des Deus Ex-Machers Harvey Smith.
BlackSite: Area 51 wird dabei aber keinesfalls nur ein stinknormaler Shooter sein, in dem Ihr böse Aliens über den Haufen ballert. Eigentlich spielen Außerirdische auch nur eine Nebenrolle. Wir wollten es genau wissen und sprachen mit Harvey Smith über die Hintergrundstory, politische Einflüsse und die Verbindung zu Stranglehold.
Eurogamer: Hallo Harvey. Bitte stell dich erstmal unseren Lesern vor.
Harvey Smith: Mein Name ist Harvey Smith und ich bin der Creative Director von BlackSite: Area 51 sowie von Midways Studio in Austin. Seit 1993 arbeite ich bereits in der Spielebranche. Viele von Euch dürften mich durch die beiden Deus Ex Titel kennen, aber ich habe auch an jeder Menge anderer Sachen gearbeitet. Meine Lieblingsgenres sind Shooter und Rollenspiele.
Eurogamer: Kommen wir gleich zu deinem aktuellen Projekt Blacksite: Area 51. Dienten Euch irgendwelche Filme, Bücher oder Spiele als Inspiration während der ersten Phase der Entwicklung?
Harvey Smith: Oh ja, wir sind große Filmfans. Ich liebe zum Beispiel „Children of Men“. Aber wir sind gleichermaßen auch stark durch die aktuelle Weltpolitik beeinflusst worden. Irak, Hurricane Katrina, Abu Graib, Walter Reed ... das werden die historischen "Meilensteine" der aktuellen US-Präsidentschaft sein. Und einige von uns sind sehr unglücklich damit. Zuallererst machen wir zwar einen rasanten Shooter. Aber die Dinge, die mich dabei beeinflussen, basieren größtenteils auf Wut und dem Gefühl von Ungerechtigkeit. Es gibt keinen Grund, warum Videospiele sich nicht auch diesen Themen widmen sollten und dabei gleichzeitig ein verlockendes Gameplay anbieten können.
Eurogamer: Worum geht es nun genau in BlackSite: Area 51? Das klassische „große böse Aliens greifen die Erde an“-Szenario oder etwas anderes?
Harvey Smith: „Aliens greifen die Erde an“ hat Null Relevanz in Bezug auf BlackSite: Area 51. Das Spiel widmet sich viel mehr den durch unsere Regierungen und ihren dunklen Machenschaften erschaffenen Feinden. Dieses Material ist für mich wesentlich interessanter. Ihr schlüpft in die Rolle von Aerin Pierce, einem Delta Force Attentäter. Obwohl es einige interessante fremde Wesen im Spiel gibt, handelt es sich bei den Hauptfeinden um die so genannten Wiedergeborenen (Reborn).
Die Wiedergeborenen sind Black-Op Rebellen und aus einem Experiment der US-Regierung zur Erschaffung von Supersoldaten („Army of One“ Programm) entsprungen. Den dafür verwendeten Personen entzog man ihre bürgerlichen Rechte und steckte sie in den Untergrund, um dort an ihnen zu forschen. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Heimatlose, Gefangene oder Immigranten. Pierce führt seinen Trupp vom Irak (zwei Jahre zuvor) in eine amerikanische Kleinstadt und schließlich bis zu der geheimen Anlage, die auch als Area 51 bekannt ist.
Eurogamer: Wo du gerade verschiedene Schauplätze ansprichst. Kannst du uns mehr zu den Gebieten erzählen, in denen sich Pierce herumtreibt?
Harvey Smith: Die Zielorte ändern sich im Spielverlauf ständig. BlackSite: Area 51 zeigt Euch vier verschiedene „Themengebiete“. Eines davon ist der Irak, komplett mit Dörfern, zerbombten Straßen und Bunkern, in denen Massenvernichtungswaffen lagern. Ein weiterer Bereich heißt „Small Town USA“, der sehr familiär gestaltet ist. Hier sieht man zum Beispiel Tankstellen, Straßen oder Kaufhäuser. Andere Schauplätze zeigen eine riesige, verlassene Militärbasis sowie einen versteckten unterirdischen Stützpunkt, der nach einer Katastrophe in Trümmern liegt.
Es entspricht vielleicht nicht den gängigen Methoden, aber meiner Ansicht nach sind kleinere Dörfer oder Städte deutlich faszinierender. Große Metropolen sehen wir ja ständig in Actionfilmen und Spielen. Kleinere amerikanische Orte sind jedoch seltsam. Das habe ich nie wirklich bemerkt, bis ich woanders hinzog. Ich wohnte mehr als drei Jahre lang im deutschen Bauerndorf Quiedersbach (Rheinland-Pfalz) in einer Dachwohnung. Als ich dann in die USA zurückkehrte, fühlte ich mich, als ob ich im Vergleich dazu die Landschaft wirklich wieder zum ersten mal sähe. Also möchte ich mehr Spiele in solch ungewöhnlichen Schauplätzen ablaufen lassen, die das heldenhafte und kitschige miteinander vermischen ... bathos, wie die Griechen sagen würden.
Eurogamer: Wie viele Missionen sind für diese Schauplätze geplant? Und könntest Du uns vielleicht ein Beispiel nennen?
Harvey Smith: Es ist schwierig, das Spiel im Sinne von Missionen zu beschreiben, weil es quasi nahtlos durch die Story gleitet. Wir arbeiten mit Susan O'Connor zusammen, die schon für den indizierten Xbox 360-Shooter von Epic sowie BioShock die Hintergrundgeschichte geschrieben hat. Sie lebt hier in Austin und ist wirklich fantastisch. Das Spiel entfaltet sich jedenfalls in erzählerischer Art und Weise. Allerdings sind auch einige Nebenschauplätze vorhanden, deren Erkundung lohnenswert sein kann. Aber wie gesagt: Es ist schwer, Euch eine genaue Zahl zu nennen.
An BlackSite: Area 51 arbeite ich zusammen mit Ricardo Bare. Wir beide waren auch schon gemeinsam an Deus Ex beteiligt. Er hat im Spiel gerade erst eine Begegnung an einer Wiegestation für LKWs hinter sich gebracht und dabei etwas sehr cooles erlebt. Ricardo fuhr bis zur Wiegestation, sprang aus dem Humvee und ging in das angrenzende Gebäude. Dort bekämpfte er die darin befindlichen Gegner.
Wenn man alle besiegt hat, gibt es eine kleine interaktive Zwischensequenz, bei der weitere Feinde von außerhalb angreifen. Somit dreht sich die Situation um und der Spieler muss jetzt das Gebäude verteidigen beziehungsweise sich nach draußen kämpfen. Ricardo ließ sein Squad auf zwei Feinde feuern, die draußen in Deckung gegangen waren. Dadurch bot sich ihm eine weitere taktische Möglichkeit an: Er verließ das Gebäude und verschwand auf die Rückseite, wo er die Gegner überraschen wollte. Dort wartete schließlich noch der Humvee. Ricardo plante, das Geschütz des Fahrzeuges zu nutzen, um die Reborn auf der Straße zu bekämpfen. Dummerweise hatte die KI jedoch den gleichen Gedanken. Sobald Ricardo also um die Ecke bog, wurde er von den feindlichen Soldaten mit Hilfe des Geschützes erledigt. Ich liebe solche Momente ... sehr dynamisch.
Eurogamer: Du erwähnst da einen Humvee. Gibt es noch mehr Fahrzeuge und lassen sich diese frei steuern?
Harvey Smith: Ja, auf einigen Karten gibt es Trucks sowie Gelände- und Militärfahrzeuge. In manchen Fällen sind die Vehikel über das Gelände verstreut, was wiederum dem Spieler erlaubt, sie improvisatorisch zu nutzen. Dann gibt es aber auch mehrere Karten, die komplett darauf aufbauen. Wir haben ein paar „Rail Shooter Missionen“, in denen Ihr fest im Fahrzeug sitzt. Diese sind normalerweise nicht so nach meinem Geschmack, allerdings machen sie in Kombination mit der Technologie aus Stranglehold viel Spaß. Natürlich haben einige der Vehikel auch Geschützstände. Manche unserer Multiplayer-Karten konzentrieren sich ebenfalls hauptsächlich auf Fahrzeuge.