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Die Spiele der Zukunft

"Das Holo-Deck steht vor der Tür"

Eurogamer Utopieflops seien an einem einfachen Indikator zu erkennen, sagen Sie. Und zwar, dass ihr Durchbruch immer zehn Jahre in der Zukunft liegt. Tim Sweeny, Technikgott beim Spieleentwickler Epic, kündigte kürzlich an, dass Spielegrafik in Filmqualität ganz sicher bald möglich sei. Laut des Mooreschen Gesetzes. Die Zeit bis dorthin, und jetzt kommt's, gab Sweeny mit zehn bis 15 Jahren an. Utopieflop?
Matthias Horx

Der Witz ist ja, dass wir gar nicht mehr unbedingt eine Totalvision wollen. Denn 80 Prozent der Information produziert das menschliche Hirn in einer Art innerer Projektion. Wir ergänzen das äußere Bild. Deshalb reicht die Auflösung von WoW völlig, um sich in einem Wald, einer Wüste, einem Sumpf zu fühlen! Diese Hirntechnik wird bei den herkömmlichen VR-Visionen immer noch nicht verstanden.

Ich will eigentlich keine überscharfen Bilder, weil mein Hirn dann gar nichts mehr zu tun hätte und ständig damit beschäftigt wäre, das Allzuviel auszufiltern. Ein totales Abbild nervt nur, weil es mir zu sehr auf die Pelle rückt. Deshalb scheitern ja auch auf Dauer die 3D-Kinos immer wieder – es ist nur noch Gerumpel und Generve, und danach fühlt man sich fad.

Das Entscheidende ist die Aktion, die ich als Individuum machen kann, der Akt des Handelns, indem ich meine Endorphine aktiviere. Kommunikation ist doppelt virtuell, sie findet als eine innere Projektion statt, für die man nicht immer einen äußeren Reiz braucht.

Das Holodeck aus Star Trek: nur eine Utopie?
Eurogamer So genannte VR-Helme gab es bereits vor vielen Jahren, sie haben es bis heute nicht ins heimische Wohnzimmer geschafft. Auch ein Flop? Wird es demzufolge nie 3D-Welten geben, durch die wir uns bewegen dürfen? Oder war die Technik damals einfach noch nicht weit und beeindruckend genug?
Matthias Horx

VR-Helme nerven, Brillen auch. Weg mit dem Krempel. Eine Videowand ist viel besser.

Eurogamer Riechcomputer ordnen Sie der Kategorie „Nischen-Hype“ zu. Kürzlich stellte ein Brite wieder einmal ein solches System vor. Bis heute hat sich so etwas für den Heimgebrauch nicht durchgesetzt. Wie werden also nie erfahren, wie Lara Croft nach all der Herumturnerei unter den Achseln müffelt?
Matthias Horx

Igitt! Außerdem riecht man das selbst. Im Kopf. Menschen haben ein ausgezeichnetes Geruchsgedächtnis, man kann üben, es abzurufen. Ich will mir die Luft im Spielzimmer nicht verpesten.

Eurogamer Laut Ihren Theorien sind Spiele lediglich Abfallprodukte. Abfallprodukte des Bürocomputers. Haben sich aber Arcade-Automaten und darauf folgend die ersten Spielkonsolen in den Siebzigerjahren nicht gewissermaßen parallel zum Rechner entwickelt?
Matthias Horx

Abfallprodukte ist das falsche Wort. Es sind Kollateraleffekte. [...] Techniken werden oft aus bestimmten Motiven erfunden, von denen sie sich in ihrer Evolution aber ablösen. Das Grammophon wurde von Edison als Diktiergerät entworfen und wurde dann von den Kunden zum Unterhaltungsgerät gemorpht. Und Schwarzpulver wurde ursprünglich von taoistischen Mönchen als Medizin für Unsterblichkeit erfunden.

OnLive: Spiele-Plattform der Zukunft?
Eurogamer Die Menschheit könnte sich in Zukunft in zwei Spezies aufteilen, heißt es in Ihrem Buch. Zum Beispiel in die der Molekular-Welt (Realität) und Bytes-Bewohner (virtuell). Jetzt hab ich als Laie überlegt: Um eine solche Spezies wie die der zweiten Gruppe entstehen zu lassen, müsste sie sich im Rahmen der Evolution irgendwie durchsetzen. Stichwort Fortpflanzung: Würden denn Sozialkontakte nicht überwiegend im Cyberspace stattfinden wie etwa bei WoW? Widerspricht das der Theorie nicht?
Matthias Horx

Scheinbar. Aber wer weiß, wie wir uns in ferner Zukunft fortpflanzen? Wenn wir zum Beispiel autonomere Avatare erschaffen, können sich diese womöglich im virtuellen Universum vermehren. Mein berühmter Heilpriester Planetarius in WoW ist in dieser Richtung noch nicht sehr interessiert. Aber es gibt schon Spiele, in denen man Kinder zeugen kann …

Eurogamer Stichwort künstliche Intelligenz. In Ihrem Buch ist von einem KI-Hype die Rede. Wann wird künstliche Intelligenz in Spielen wirklich so weit sein, dass sie einen Menschen perfekt imitiert?
Matthias Horx

Nie. Ich bin auch immer sehr froh, dass ich in WoW sofort weiß, wer ein Nichtspielercharakter ist und wer ein Spieler-Avatar. Intelligenz ist das evolutionäre Produkt von Sterblichkeit und Schmerz. Man müsste Maschinen Sterblichkeit und Schmerz beibringen. Und das widerspricht den Naturgesetzen. Ich möchte lieber mit Menschen und ihren symbolischen Vertretern kommunizieren, nicht so sehr mit Maschinen. Maschinen sind langweilig, das ist ja gerade ihr Wesen.