Eurogamer wählt...
Heute: Die SPD
Für Wirtschaftswunderkinder, Alt-68er und Babyboomer ist die Generation der 18-35-Jährigen und ihre Affinität zu den Neuen Medien ein Rätsel. Oft wird sie im Vergleich als dumm, unpolitisch und perspektivlos angesehen. Doch gerade erst musste das politische Establishment staunend registrieren, dass die Einschränkung der Telekommunikations-Freiheit, trotz Feindbild Kinderpornographie, nicht klaglos hingenommen wurde.
Über 130.000 deutsche Bürger beförderten sich mit einer Petition gegen das Telemediengesetz in die Nähe von Kinderschändern, nur um auf die Gefahren solcher Sperrlisten hinzuweisen. Noch vor ein paar Jahren undenkbar. Es hat sich eine Internet-Gesellschaft gebildet, die Internet lebt, kommuniziert und spielt. Euer Interesse an Themen wie Killerspiele, Netzfilter und Europawahl zeigt, dass es nicht nur um Spaß geht. Ihr wollt verstanden, nicht verteufelt werden.
Nun steht Ende September die Bundestagswahl an. Die einmalige Gelegenheit, am politischen Prozess teilzunehmen, sich zu engagieren und durch die richtige Wahl vielleicht sogar etwas zu verändern. Aus diesem Grund haben wir allen größeren Parteien, aber auch der omnipräsenten Piratenpartei einen Fragenkatalog zukommen lassen, der sich explizit mit den Themen Neue Medien, Videospiele und Telemediengesetz auseinander setzt.
Neben zusätzlichen, parteispezifischen Fragen soll ein kurzer Abriss des Parteiprogramms und der wichtigsten Eckpunkte bisheriger Aussagen und Entscheidungen dazu dienen, euch auch abseits der genannten Themen bei der Wahl unter die Arme zu greifen. Im Wochentakt veröffentlicht, mündet die Serie in unserem großen Wahlspecial, wo wir euch selbst an die Urne bitten. In dieser Woche setzen wir das Special mit der SPD fort. Viel Spaß und fröhliches Diskutieren.
Wichtig: Wir haben von der SPD zwei Antwortlisten bekommen. Die erste wurde allgemein von der Pressestelle verfasst und nicht von einem der Politiker. Diese war zum Teil deutlich schärfer formuliert, konnte aber ohne Ansprechpartner nicht verwendet werden. Daraufhin wurde uns Kajo Wasserhövel als Interview-Partner zugeteilt.
Wer die letzten Ausgaben verpasst habt, kommt über diese Links zu den alten Ausgaben von „Eurogamer wählt...“
Interview mit Piratenpartei-Vorsitzendem Jens Seipenbusch
Interview mit Dorothee Bär, Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Interview mit der Stv. Vorsitzenden der Linken Bundestagsfraktion Petra Sitte
Interview mit dem Mitglied des Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Spitz
Die SPD
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist die älteste parlamentarisch vertretene Partei in Deutschland und wird als Volkspartei bezeichnet. Gegründet wurde sie laut eigenen Angaben ca. 1863 als Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein (ADAV). Für viele Politikwissenschaftler gilt aber eher das Jahr 1875 als Gründungsjahr, als die ADAV sich mit der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands zusammenschloss. Ab 1890 firmierte die Partei dann als SPD und war noch vor der Gründung der Bundesrepublik mehrmals an der Regierung beteiligt.
Momentan ist die SPD ein Teil der großen Koalition unter der Führung von Angela Merkel. Franz Münterfering ist der aktuelle Parteivorsitzende und Franz-Walter Steinmeier der Kanzlerkandidat. Das derzeitige Parteiprogramm ist das Hamburger Programm, das als Ziel eine Regierung mit Hilfe der „solidarischen Mehrheit“ festschreibt. Im Zentrum steht der Demokratische Sozialismus, der als „Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft“ als „dauernde Aufgabe“ hervorgehoben wird und „die soziale Demokratie“ als das „Prinzip des Handelns“ bezeichnet.
Unter dem sozialdemokratischen Kanzler Gerhard Schröder war die Partei aber auch zu starken sozialen Einschnitten bereit. Gemeinsam mit den Grünen wurde Hartz IV eingeführt, die Agenda 2010 auf den Weg gebracht und der Einsatz der Bundeswehr in Krisengebieten erlaubt. Gleichzeitig wurde aber der USA die Schützenhilfe beim Irak-Krieg untersagt und mit weitreichenden Reformen die Grundlage für den Aufschwung der letzten Jahre gelegt. Nach einem Misstrauensantrag fand 2005 eine Neuwahl statt, die zu einer Koalition mit der CDU führte.
Für die Bundestagswahl 2009 hat Franz-Walter Steinmeier den Deutschland-Plan auf die Tagesordnung gesetzt, der für viel Diskurs sorgte. Ziele, wie die Schaffung von vier Millionen Arbeitsplätzen, einer Vollbeschäftigung im Jahre 2020, gesicherten Renten und eine komplette Umstrukturierung des Bildungssystems, wurden von der Opposition als Traumtänzerei bezeichnet. Von der eigenen Partei bekam er aber viel Lob und Unterstützung. Fest steht, dass sich die SPD damit nach vielen Misserfolgen wieder ins Gespräch gebracht hat.