Gran Turismo 5
Eine kleine Geschichte von der intimen Beziehung zwischen Straße und Auto
Wo wir gerade von den Dingen sprechen, die man auch noch verlangen sollte ... Gran Turismo scheint als Serie inzwischen eine diebische Freude daran gefunden zu haben, alte Sünden zu wiederholen. Man scheint ein bisschen was an der KI gedreht zu haben, die Computerfahrer kämpfen untereinander ein klein wenig um die Plätze, bremsen auch mal ab, wenn ihr die Ideallinie blockiert, weichen aus und verhalten sich insgesamt minimal menschlicher. Aber am Ende sind sie immer noch viel zu zahm und vor allem berechenbar. Fahrt eine Runde hinter ihnen her und ihr wisst genau, in welcher Kurve sie viel zu sehr vom Gas gehen und wo ihr angreifen müsst.
Nicht dass das wirklich relevant wäre. Es kommt am Ende nur darauf an, dass ihr das richtige Auto unterm Hintern habt. Und sollte die aktuelle Karre noch nicht reichen, dann geht man sie halt ein wenig für viel zu kleines Geld tunen und erschlägt so beinahe jedes Fahrerfeld durch Technik statt Können. Das, plus die Unfähigkeit der Gegner, die Kurven am Limit zu fahren, sichert euch jeden Sieg. Entweder das Auto passt und ihr kreuzt als Erster die Linie oder ihr schaut euch das Ganze von hinten an. Die Mitte ist Zufall und ziemlich selten.
Zum ersten Mal gibt es ein externes Schadensmodell, etwas das immer vermisst wurde. Nur richtig toll ist es nicht. Die paar Dellen und Kratzer, die ihr den Premium-Karossen zufügen könnt, sind ein Witz, den man sich gleich hätte sparen können. GT ist kein Crash-Derby und insoweit wiegt das jetzt aus meiner Sicht nicht ganz so schwer, aber all das Gewese im Vorfeld, um uns dann bei einem Drittel der Autos Dellen im Lack vorzuführen, für die man normalerweise kaum die Polizei rufen würde, ist nicht nett. Da sind mir die Standard-Wagen fast lieber, die verzichten wenigstens ganz drauf. Oder so weit, dass es genauso gut gar nicht da sein könnte.
Das interne Schadensmodell setzt ebenfalls schon direkte Treffer vor den Bug voraus. Ein Nascar-Unfall, der den Hillbilly hätte jauchzen lassen, war die einzige Gelegenheit, bei der mir dann wirklich mal der Wagen liegen blieb. Ansonsten wird es eher bei der Dauerabnutzung interessant, die man von Zeit zu Zeit in der Werkstatt ausbügeln lassen sollte, will man nicht Einbußen bei der Fahrleistung in Kauf nehmen. Wirkliche Veränderungen innerhalb eines Rennens, gerade nach kleineren Unfällen, sind weitgehend Fehlanzeige. Immer noch. Für wann ist GT6 angekündigt?
Habt ihr euch für einen Wagen entschieden, der doch nicht zu euch und den gedachten Rennen passt, dann ignoriert der Händler wie in allen GTs die Gesetze des normalen Wertverlustes. Bestenfalls bekommt ihr noch 20 Prozent und die Tuningausbauten sind ihm komplett egal. Ein falsches Auto wird immer noch mit grinden für Geld gleichgesetzt, um ein Neues zu kaufen. Das ist eine aktive Verschwendung der Zeit des Spielers.
Ein wenig versöhnen die Herausforderungen und Spezialevents mit solchen Misslichkeiten. Nascar, Rallye-Fahrten, Kart-Rennen oder ein absonderliches Duell von 16 VW-Bussen auf dem alten Flughafengelände des Top-Gear-Circuits geben euch weitgehend die Konditionen und Fahrzeuge vor, sodass das Spiel hier endlich mal eine vernünftige Balance aufbauen und euch wirklich fair und mit Regeln fordern kann. Die Masse an diesen Events kommt ziemlich nahe an die eigentlichen Rennen heran, da mit höheren Leveln immer wieder neue Sachen und innerhalb dieser dann wieder weitere Rennen freigeschaltet werden. Und jedes davon hat seinen eigenen Reiz. Sei es die Pro-Rallye oder einfach nur Fahren lernen mit Mercedes auf dem Nürburgring. Hier kommt man gerne wieder und versucht noch einmal, die Gold-Trophäe nach Hause zu holen. Und noch einmal. Und noch einmal. Und jedes Mal hatte man Spaß dabei, diese letzten Millisekunden dann doch wieder nicht herausgefahren zu haben. Beim nächsten Mal wird es besser. So eine Sucht muss ein Spiel erst einmal aufbauen.
Der Online-Modus auf der anderen Seite leidet unter ein paar ganz massiven Problemen, was umso erschütternder ist, als dass hier unendlicher Fahrspaß mit einem perfekten Modell gegen menschliche Gegner die ultimative Rennspiel-Erfahrung verspricht. Als instabil würde ich das Ganze erst einmal nicht bezeichnen. Einmal bin ich rausgeflogen, einmal verzögerte sich mein Start, während das restliche Feld schon losfuhr. Kurios, aber insgesamt bleibt hier selbst mit 15 anderen Fahrern auf der Piste alles im grünen Bereich. Keine nennenswerten Lags, technisch alles auf der Höhe.
Inhaltlich dagegen wird nicht viel geboten. Man kann sich Freundeslisten erstellen, ein wenig Autos hin- und herschieben und vor allem Räume mit Rennen einrichten. Nur leider fehlt hier eine ganz entscheidende Vorgabe: Die Klasse des Autos kann nicht definiert werden. Ihr könnt sagen, dass ihr 50 Runden auf dem Nürburgring ohne Fahrhilfen drehen wollt, aber nicht, dass dieses Events auf die Design-Kunststücke der 70er reduziert werden muss, um genau eure Vorstellung zu treffen. Stattdessen darf jeder mitmachen. Von Ente bis Enzo trifft sich alles und der Sinn dieser Rennen verläuft sich im Sand am Streckenrand. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass beinahe jeder grundsätzlich mit dem überzüchtetsten Monsterschlitten daherkommt, den er bis dahin kaufen konnte, und los geht es.
Das größte Problem haben natürlich Anfänger. Statt die Level der Fahrer abzugleichen, heißt es alle gegen alle. Und wer noch keinen Zonda kaufen konnte, hat Pech gehabt. Auch Pros, die sich nach der langen Installation auf harte Duelle gegen Menschen gefreut haben, müssen erst viele Stunden spielen, bevor sie mitziehen können. Der zweite große Fehlschlag des Online-Modus ist seine nicht vorhandene Einbindung in den Solo-Part. In den Online-Rennen verdient ihr keine Credits, ihr erhaltet keine Erfahrungspunkte, gar nichts. Es ist der reine Spaß am Vergnügen, aber wäre es jetzt schlimm gewesen, dem Spieler ein paar Credits für Siege zu gönnen, damit er sich schneller ein paar neue Autos kaufen kann? Es ist ja jetzt nicht so, dass es zu wenige davon gäbe.