Im Gespräch mit Grand Theft Autos Aaron Garbut - 2
"Ich würde gerne ein Auto fahren, das unsere Designer entworfen haben."
Na, schon den ersten Teil des Interviews mit dem Grand Theft Auto Art Direktor Aaron Garbut gelesen? Nein? Hab ich mir ja schon gedacht. Also schnell den Link anklicken, sonst verpasst Ihr die Hälfte und das wäre bei diesem detaillierten Interview wirklich schade.
Dort findet Ihr auch alle Informationen, wie die Charaktere entstanden sind und wie Rockstar ein neues Grand Theft Auto beginnt. Auch zum Thema Realität vs. Rockstar-Style findet Ihr viele wichtige Informationen, die Ihr für das Verständnis des zweiten Teils dringend benötigt.
Nachdem wir Aaron mit den ersten Fragen weichgeklopft haben, erklärt er uns, warum GTA IV dem dritten Teil ähnelt, warum sie für GTA sehr frei an die Entwicklung herangehen und wieso die Euphoria-Engine das perfekte Tool für sie ist.
Auch, wenn die Spannung kaum auszuhalten ist: Nehmt Euch die Zeit, um zu verstehen, warum GTA IV wahrscheinlich das wichtigste Ereignis der Games-Branche ist, das uns 2008 erwartet. Viel Spaß bei dem garantiert spoilerfreien Interview und freut Euch auf unseren Test, den Ihr noch vor dem Release am 29. April hier bestaunen dürft.
Es gab da bei der Herangehensweise einige Ähnlichkeiten zwischen GTA III und IV. Es ist immer sehr schwierig, mit den Möglichkeiten eines komplett neuen Systems umzugehen. Bei Vice City und San Andreas hatten wir schon eine sehr genaue Ahnung, was mit der Playstation 2 möglich ist. Mit jeder Version wurde die Engine verbessert oder wir fanden einen neuen Weg, etwas zu machen, was uns wieder etwas mehr Power gab. Aber wir wussten vom ersten Tag an, was wir erwarten konnten. Und wir hatten eben eine fertige Engine, um ein paar Sachen auszuprobieren.
Bei GTA III und IV mussten wir sehr viele Vermutungen anstellen. Wir konnten viele Dinge erst während der Entwicklung lösen. Eine wirklich lauffähige Engine gab es bei beiden Spielen erst sehr spät. Als sie dann endlich da war, gab es noch viele Fragezeichen, weil sie noch kaum optimiert war. Also machten wir eine Vermutung nach der anderen und hofften, dass wir damit richtig lagen. Im Endeffekt ist alles ein Kompromiss aus Speicher, Details, Beleuchtung, KI, Physik, Streaming, Zahl der Fahrzeuge und Figuren, Missionen usw. Da gab es keine schnellen und sicheren Regeln, mit denen wir bestimmen konnten, was für welches Areal wichtig ist – ein Areal konnte viele Beleuchtungseffekte benötigen, während andere mehr Speicher und Render-Power verbrauchen. Um erfolgreich mit solchen Unbekannten und dieser großen Anzahl von Variablen zu arbeiten, mussten wir viele Arbeitsschritte so oft wie möglich wiederholen.
Erst, wenn wir ganz am Ende sind und die Engine fast fertig ist, können wir mit diesem Wissen noch wichtige Details anpassen. Und erst in dieser Phase wird uns bewusst, was alles mit der neuen Engine möglich ist. Wo wir Sachen herausnehmen und Kompromisse machen müssen. Und wo wir noch Details hinzufügen können. Ich denke, wir haben beide Konsolen bis an ihre Leistungsgrenze gebracht. Aber ich freue mich sehr darauf, den nächsten Schritt zu gehen. Nun, da wir wissen, was geht und was nicht. Jetzt kennen wir die Stärken unserer Engine und die der Konsolen.
Die Städte werden nie mit den entsprechenden Missionen und Geschichten im Hinterkopf gebaut. Wir erstellen immer zuerst die Städte und passen die Aufträge dann dementsprechend an. Dafür gibt es ein paar Gründe. Der Hauptgrund liegt darin, dass es so herum praktischer ist und wir bei einer neuen Engine kaum eine andere Wahl haben. Die einfachen Render-Teile stehen uns recht früh zur Verfügung. Die Skriptdesigner brauchen aber eine fast fertige Skripting-Sprache, eine fortgeschrittene Physik, nutzbare Fahrzeuge, das Waffen-System und die KI, bevor sie mit den Missionsparametern herumspielen können. Die 3D-Designer haben dagegen die 3D-Software vom ersten Tag an und das Spiel kann diese Elemente schon recht früh rendern. Deswegen können wir die Stadt relativ früh bauen, da wir nicht vom Rest abhängig sind.
Wir behandeln die Städte immer so, als wären sie reale Plätze. Wir bauen sie zusammen. Wir integrieren interessante Details. Und erst dann, viel später, platzieren wir die Aufträge. Natürlich passen wir die Areale, nachdem die Missionen fertig sind, noch etwas an die Stimmung der Aufgabe an, aber grundsätzlich sind die beiden Teile klar voneinander getrennt. Das bedeutet nicht, dass wir nicht ein spezielle Emotion hervorrufen wollen. Es ist nur so, dass wir die entsprechenden Anpassungen erst dann vornehmen können, wenn die Missionen eingebaut und angeglichen wurden. Ich denke, es ist viel besser, wenn es erst einmal eine Umgebung gibt, da man so viel besser herausfinden kann, wo und wie die Missionen am besten funktionieren.
Denn es gibt im Prinzip zwei verschiedene Wege, ein Spiel zu produzieren: Man kann viel Arbeit vor der eigentlichen Produktion erledigen und damit alles genau vorausplanen. Oder aber man geht organischer vor und springt einfach hinein. Die erste Variante ist deutlich sicherer, da alle vom ersten Tag an wissen, wo sie in der Produktion stehen und es ist wesentlich einfacher zu organisieren. Aber ich denke, das Endergebnis wird dadurch etwas leblos. Gerade, wenn es um Open-World-Szenarien geht. Wir machen das Ganze viel organischer. Das ist eine ganz bewusste Entscheidung und sorgt auf dem Weg für viel mehr Schwierigkeiten. Es ist viel härter für das Team und erlaubt viel weniger Kontrolle, führt aber am Ende zu viel besseren Spielen. Es funktioniert bei uns, weil das Kernteam schon so lange zusammen arbeitet. Wir vertrauen uns und wissen, was wir erwarten können. Unser ganzer Ethos besteht aus dem Ausprobieren einer Sache, dann damit zu spielen, herauszufinden was funktioniert und es anschließend in diese Richtung weiterzuentwickeln.
Das gesamte Spiel startet im Prinzip recht vage und wird im Laufe der Entwicklung immer fokussierter. Einige Bereiche funktionieren besser als andere. Wir konzentrieren uns immer auf die schlechteren Teile und versuchen, sie in eine neue Richtung zu drücken. Zum Teil zwingt uns die Hintergrundgeschichte dazu und wir müssen dann den Rest entsprechend anpassen.
Kein einzelner Aspekt des Spiels ist hier der maßgebliche Faktor. Wir machen nicht eine Liste von Missionen, bauen Level dazu und packen eine Story obendrauf. Wir kreieren nicht die Geschichte und kleben den Rest einfach daran. Stattdessen haben wir einen Haufen Ideen, Story-Elemente, die Charaktere, Locations, die Tonalität, Gameplay-Elemente, Technologie und Missions Ideen, die wir miteinander kombinieren und schauen, wo sich die ganze Sache hinbewegt. Es ist alles ein großes, angsteinflößendes Netz. Aber es funktioniert.