Interview: Fallout 3 - 'Es ist kein Oblivion'
Über Gewalt, Oblivion und Kinder...
Eurogamer: Habt Ihr das Gefühl, dass Ihr Interplay etwas schuldig seid?
Emil Pagliarulo: Nein. Man kann nicht weiter voran kommen, wenn man sich so fühlt. Es ist genauso, wie wenn man das Gefühl hat, den Fallout-Fans etwas schuldig zu sein. Man kann sich nicht schlecht fühlen, weil man jetzt kein rundenbasiertes, isometrisches Spiel macht. Als wir anfingen, fühlte ich mich eine Weile so, dann habe ich einen Schlussstrich darunter gezogen und mir gesagt, „Ich werde mein Bestes geben und das beste Spiel machen, das ich machen kann. Es ist, was es ist und wir haben die Fähigkeiten ein hervorragendes Spiel zu machen, als werden wir auch genau das tun.“
Gavin Carter: Jedes der alten Spiele hatte ein anderes Entwicklerteam. An Fallout 1 und Fallout 2 arbeiteten sehr unterschiedliche Leute. Wir haben einen großen Respekt vor ihrer Arbeit, aber wir wollten niemand von außen herein holen, der unsere ganze Unternehmens-Kultur nicht kennt. Außerdem ist es schon über zehn Jahre her, seit das letzte Spiel heraus gekommen ist. Wir sind sehr auf unsere kreativen Freiheiten bedacht. Wir wollen nicht, dass jemand von außerhalb bei uns unausgegorene Ideen einbringt. Wir haben eine Vision von dem Spiel und werden sie bis zum Ende durchziehen.
Eurogamer: Wir erschafft Ihr eine Geschichte für eine bereits etablierte Welt?
Emil Pagliarulo: Es ist lustig. Da das Spiel in Washington DC spielt, wussten wir genau, was wir zu tun hatten. Ursprünglich sollte es an der Westküste spielen, aber es funktionierte einfach nicht. Da sagte ich, „Schreibe das, was du kennst.“ So hatten wir einen Ort, den man so nicht in anderen Videospielen findet. Es ist so ein hervorragender Platz für ein Spiel. Und wegen der Geschichte: Ich mag es wirklich, dass die Geschichte Charakter-basiert ist. Doch wie verändert sich dieser Charakter im Laufe des Spiels? Zum Beispiel das Verhältnis zu „meinem“ Vater. Er ist mein moralischer Kompass, ein guter Mensch, ein nobler Charakter, wie reagiert er also, wenn ich mich in ein Arschloch verwandle? Wenn ich eine Stadt in die Luft jage, wie reagiert er?
Eurogamer: Das klingt wie die Rollen von Denton's Bruder in Deus Ex?
Emil Pagliarulo: Ja, du hast recht, daran hab ich noch gar nicht gedacht. Er ist ja auch eine Art moralischer Kompass.
Eurogamer: Wie verändert dieses Verhältnis die Erzählung?
Gavin Carter: Wir wollen simulieren, wie es ist, in einem Bunker aufzuwachsen. Dein Vater ist ein warmer, einladender Mann. Er ist Liam Neeson! Wer möchte nicht Liam Neeson als seinen Vater haben? Dann wacht man eines Tages auf und er ist weg. Er hat nichts davon erzählt und du weißt nicht, was los ist. Oft geht es in dem Spiel darum, was seine Motivation ist. Woran arbeitet er, warum ist er gegangen? Was ist ihm passiert? Das ist eines der zentralen Themen des Spiels.
Eurogamer: Beeinflusst das Verhältnis zu ihm die moralische Dimension des Spiels?
Gavin Carter: Bis zu einem gewissen Punkt. In einem großen Teil des Spiels ist er nicht dabei, deshalb passiert eine Menge, ohne dass ihr Verhältnis eine Rolle spielt. Wir wollten, dass das Verhältnis eine zentrale Rolle in der Geschichte hat, aber wir wollten nicht, dass man einfach auf seinen Vater scheißen kann und so die Geschichte ruiniert. Um einen Erzählfluss zu garantieren, muss man in einigen Bereichen etwas bestimmter sein. Wir wollen ganz sicher, dass er eine zentrale Rolle in deinem Leben besitzt. Wenn er dich verlässt, ist es eine der entscheidenden Momente in deinem Leben. Eigentlich verlässt niemand den Bunker, er ist komplett selbst versorgend.
Eurogamer: Ihr habt die Gut/Böse/Neutral Optionen erwähnt. Könnt Ihr darauf genauer eingehen?
Gavin Carter: Das war etwas, von dem wir wussten, dass wir es brauchen. Es war eines der wichtigsten Faktoren von Fallout, das wir übernehmen mussten. Am wichtigsten war es, „Eine Wahl und ihre Auswirkungen in jeder Quest zu haben“, so weit es nur geht. Jeder Bereich des Spiels sollte eine Wahl und ihre Auswirkungen besitzen. Selbst die Wahl der Charakter-Eigenschaften. Diese werden sich im Laufe des Spiels nicht ändern. Man muss fast das ganze Spiel mit den Spezial-Eigenschaften leben. Jeder Bestandteil, sowohl die Entscheidung, welche Ausrüstung man nutzt, als auch die Entscheidung, ob man einem Kerl in den Kopf schießt oder nicht, wird diese Form von Freiheit besitzen und wird außerdem Auswirkungen auf den späteren Verlauf haben.