Interview: Fallout 3 - 'Es ist kein Oblivion'
Über Gewalt, Oblivion und Kinder...
Eurogamer: Wie wirkt sich diese Freiheit dann auf das Spiel aus?
Gavin Carter: Es macht viel mehr Arbeit! Wir haben sehr viel zeit damit verbracht, darüber zu sprechen, „Was ist, wenn der Spieler nicht dort hingehen möchte, wo wir ihn haben wollen? Was ist, wenn er zu einem Ort läuft, wo wir ihn erst am Ende des Spiels haben wollen?“ Wir müssen damit umgehen. Wir wollen die Spieler nicht einfach einschränken und sagen, „Du musst diesen Pfad wählen und es ist der einzige Weg, den du nutzen kannst.“ Wir müssen mit allem klar kommen, was der Spieler machen könnte. Aber wir haben damit viel Erfahrung, weil wir darauf auch in Oblivion achten mussten. Aber es ist nicht dasselbe – bzw. es beeinflusst das Spiel nicht auf die gleiche Weise. Einen Großteil der Zeit verbrachten wir damit, jede Beziehung der einzelnen Elemente untereinander zu berücksichtigen und jede Möglichkeit zu bedenken.
Eurogamer: Bei Fallout 3 spielt Gewalt eine große Rolle, aber das scheint im Konflikt mit der Gut/Böse/neutral Entscheidung zu stehen. Wenn man sich für eine gute Spielweise entscheidet, spielt man dann ein weniger brutales Spiel oder ist es immer noch gewalttätig?
Emil Pagliarulo: Das ist eine weitere Sache, um die man sich als Entwickler Gedanken machen muss. Was bedeutet Karma? In der realen Welt ist es falsch, jemanden zu töten. Selbst ob man die bösen Menschen töten sollte, kann man diskutieren. In einem Videospiel dagegen ist es gut, die bösen Jungs zu töten. Es ist also in Ordnung, so lange man nur die Bösen tötet. Aber ist schwierig - das ist ein Vorgehen, bei dem viele Fans nicht zustimmen würden -, da man sich immer wieder in Karma-Widersprüchen verstrickt. Auf diesem Gebiet versuchen wir immer noch, das Spiel auszubalancieren.
Gavin Carter: Was wir machen können, ist, dem Spieler verschiedene Vorgehensweisen anzubieten. Es war ein wichtiges Feature im Original-Fallout, dass man sich aus gefährlichen Situationen herausreden kann. Man kann zum Meister gehen und ihn in Grund und Boden reden. Wir wollten viele verschiedene Vorgehensweisen anbieten. Man muss selbst entscheiden. Macht es Sinn, dass mein Charakter auf Mutanten schießt? Auf eine gewisse Art und Weise wollten wir auch nicht-tödliche Möglichkeiten zur Verfügung stellen, doch ein wichtiger Teil des Spiels ist der hohe Gewalt-Anteil des Spiels. Wenn es den Spielern Spaß macht, wollen wir es ihnen nicht verbieten. Im alten Fallout gab es einen Regler für die Gewalt, man konnte ihn komplett herunter drehen. Wir machten Späße darüber, dass, wenn es so einen Schalter bei uns geben würde, er auf der brutalsten Einstellung fest geklebt wäre.
Eurogamer: Findet ihr es schwieriger ein Spiel zu entwickeln, nach all den Diskussionen um Gewalt in Spielen? Ist in diesem Klima moralische Doppeldeutigkeit nicht schwieriger zu transportieren?
Gavin Carter: Wir machen uns darüber kaum Sorgen. Es wird wahrscheinlich ein Spiel für Erwachsene (amerikanisches M-Rating) werden, anders kann ich es mir nicht vorstellen. Es ist nicht so, als würden wir sagen, „Lasst uns durch die Voraussetzungen für ein M-Rating gehen und alle Sachen abhaken.“ Es ist eben nichts, worüber wir uns Sorgen machen. Einzig der Umgang mit Kindern macht uns noch Probleme. Wir sind nicht sicher, ob wir dem Spieler die Möglichkeit geben, sie zu töten. Dort könnten wir Probleme bekommen. Wir müssen ausbalancieren, inwieweit wir das Thema des Spiel und inwieweit wir die reale Welt, in der wir leben, respektieren.
Emil Pagliarulo: Deshalb haben wir uns noch nicht entschieden, was wir mit Kindern machen, denn man kann sich den Wünschen der Gesellschaft nicht verschließen.
Eurogamer: Vermutlich wird schon BioShock einen gewaltigen Sturm losbrechen, wenn die Menschen die Rolle und die Aufgabe der Kinder verstehen.
Gavin Carter: Ja. Da war ein alter Screenshot von Fable, wo eine Typ ein Schwert durch den Nacken eines Kindes geschlagen hat! Das war mal ein krasses Bild, da dachte ich, „Oh Gott, ist das irre!“ Es ist es etwas sehr bestürzendes, weshalb man es anpassen muss. Wie wichtig ist es für das Spiel? Bei BioShock ist es ein entscheidendes Spielelement. Man steht vor der entscheidenden Wahl, ob man die Kinder tötet oder nicht. Müssen wir uns darüber auch bei Fallout Gedanken machen? Da bin ich mir nicht so sicher.