Junction Points Warren Spector
'Ich hasse es, zu urteilen.'
Lass mich eine Geschichte erzählen: Gehen wir noch mal kurz zu Deus Ex zurück und ich weiß nicht einmal mehr, was mich damals geritten hat, aber ich ging zu einem Club in einer Universität zu einem Fan-Treffen und wollte eine kleine Ansprache halten. Wir hatten noch nicht einmal richtig angefangen, als ein Typ neben mir sagte: „Wie konntest du Deus Ex nur zu so einem Stück erzkonservativer Propaganda machen?“. Noch bevor ich dazu kam zu antworten, sprang ein anderer auf und herrschte ihn an: „Konservativ? Dieses Spiel ist links-liberales Gebrabbel von vorn bis hinten!“ Und schon stritten sie leidenschaftlich darüber, ob Deus Ex konservativ oder liberal sei. Ich dachte nur zufrieden: „Meine Arbeit ist getan.“
Sie hatten beide Recht! Es lag an den Entscheidungen, die sie trafen, und dem Weg, den sie einschlugen, wie sie über diese Dinge dachten. Und zum gleichen Bezug, es gibt kein Moral-System in Micky Epic. Es gibt kein richtig oder falsch. Es gibt keine bösen Mickys, es gab nie einen bösen Micky, weder in meinem Kopf noch in diesem Spiel. Es macht mich verrückt, wenn Leute alles missinterpretierten, was ich hier versuche zu tun: Man kann Probleme mit Malen oder mit Wegwischen lösen. Du kannst entweder versuchen, jedes Problem zu lösen, oder nur die, die wirklich nötig sind, um die Welt zu retten.
Ich hab hier ein Beispiel und ich muss mir wirklich ein neues Beispiel suchen, weil selbst ich langsam von diesem etwas gelangweilt bin: Du bist ein Feuerwehrmann. Da ist ein brennendes Haus. Du rennst zum Feuer, um es zu löschen, aber da steht noch jemand der fragt, ob du nicht seine Katze aus einer Baumkrone retten kannst. Einige Leute würden anhalten, die Katze retten und danach das Feuer löschen. Einige sagen sorry, ich muss das Feuer löschen.
Es ist nicht richtig oder falsch, es ist nicht gut oder böse, es sind einfach nur unterschiedliche Entscheidungen und unterschiedliche Konsequenzen. Was an Spielen so interessant ist, ist, dass wir diese Entscheidungen treffen können. Es ist nicht gut oder böse. Ist es böse von einem Künstler, etwas zu zeichnen und es dann wieder auszulöschen? Nein. Und das passiert hier.
Und dann ist da noch etwas und es ist wichtig, sich daran zu erinnern: Es ist ein Cartoon. Wenn du etwas auslöschst, dann kannst du es auch zurückholen. Was ist so böse daran? Ich habe vor Jahren mal mit einem Journalisten gesprochen, Kieron Gillen, ich mag den Kerl, und die erste Frage, die er mir stellte, war: „Bist du ein moralischer Relativist?“ Und ich sagte: „Ja! Du bist der Erste, der das begriffen hat!“ Selbst in meinem realen Leben kann ich kaum gut und böse auseinanderhalten. Wie soll ich das in meinen Spielen machen.
Das werdet ihr letztlich für euch selbst sehen müssen. Es wird humorvolle Szenen geben, die Kinder verstehen werden, es sind welche drin, die Erwachsene schätzen werden. Es gibt verbalen Humor, ein paar lustige, cineastische Momente.
Nein, niemand in dem Spiel spricht. Es ist eine Konvention bei diesen Action-Konsolen-Plattform-Spielen, dass jeder diese leicht quietschige Nonsens-Sprache nutzt und dann dazu Text einblendet. Spieler sind das gewohnt. Auch ein wenig, weil Micky so eine hochfrequente Stimme hat, das ist auch ein kleiner Teil davon. Es gibt jedoch auch Dinge wie Speicherplatz zu berücksichtigen und die Kosten und Zeit, all das aufzunehmen. Auf der anderen Seite haben wir den offiziellen Sprecher für Micky, der die Nonsens-Sachen für Micky spricht. Es ist toll, mit diesen Leuten zu arbeiten, sie sind außerordentlich talentiert.
Ja, ich bin dieses Jahr auf der E3 herumgegangen und dachte mir: „Super, wir entwickeln wirklich gute Sachen! Macht hier einer noch mehr tolle Sachen als wir es derzeit tun?“ Aber ja, die Frage steht berechtigt im Raum. Ich war ein wenig nervös, als ich vor fünf Jahren - im September 2005 - anfing, mit Disney zu reden. Und ich bin in dem Geschäft ja nun schon eine ganze Weile und sie haben mich damals überredet. Und nun, fünf Jahre später, sind sie wirklich dabei, ihren Status zu ändern. Sie schaffen wirklich qualitativ hochwertige Games, sie schaffen Spiele, die so gut sind wie die Filme, die wir bei Pixar schaffen.
Die Spiele sollen die gleiche Qualität haben, die man auch in den Theme-Parks von Disney findet, und – ich weiß, da gehen wir vielelicht auseinander – ich liebe High School Musical, Camp Rock und den Disney Channel, es gibt dort wirklich gute Sachen. Ich denke, Disney will wirklich in der Videospielwelt mitmischen. Robert Iger, der CEO von Disney, sprach auf der E3 über Videospiele. Ich bin seit 1977 Aktieninhaber der Firma und damals tat er das sicher nicht. Jetzt macht er es.
Das hier ist nur meine Meinung, ich treffe da aber keine Entscheidungen. Wenn du dir Spiele wie Split/Second, Micky Epic oder das neue Pirates of the Caribbean anschaust, dann kannst du sehen, dass Disney seinem Wahlspruch „Entertainment für alle“ nachkommt. Um es noch mal deutlich zu sagen, das ist nur meine Ansicht, kein Firmenstatement oder so etwas.