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Eurogamer wählt...

Heute: Die SPD

Eurogamer 6. Gibt es für sie Unterschiede zwischen der Suchtproblematik von Internet-Glücksspiel und Online-Rollenspielen wie World of Warcraft?
Kajo Wasserhövel

Sucht ist immer ein Problem. Mit Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft. Die Gefahr der Abhängigkeit hängt aber auch immer mit der individuellen psychologischen Struktur der User zusammen. Gleiches Verhalten löst beim einen Abhängigkeit aus, beim anderen hingegen nicht. Klar ist: Problematisch wird es, wenn sich ein User als Folge seines Spielekonsums aus der Realität und seinem sozialen Umfeld zurückzieht. Wenn er virtuelle Rollenmuster auf seinen Alltag überträgt. Wie bei allen Abhängigkeiten muss man hier im Auge behalten: Warum zieht sich ein User in die Virtualität zurück? Wenn klar wird, es ist Flucht aus der Realität, braucht es entsprechende Hilfsangebote.

Eurogamer 7. Empfinden sie den deutschen Jugendschutz als ausreichend?
Kajo Wasserhövel

Ja. Beim Jugendschutzgesetz stehen uns drei Stufen zur Verfügung. Erstens führt die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) eine Alterseinstufung durch. Zweitens können jugendgefährdende Medien von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert werden. Und drittens haben wir das Verbot von Gewaltdarstellungen nach § 131 StGB. Das bedeutet aber nicht, dass Novellierungen der entsprechenden Gesetze nicht notwenig sind. Denn nur mit diesen können wir die Gesetze an veränderte Realitäten anpassen.

Eurogamer 8. Wie erklären sie es sich, dass im restlichen Europa PEGI genutzt wird, während Deutschland auf ein eigenes System setzt? (PAN European Game Information - eine Kennzeichnung, die nur Altersempfehlungen gibt, aber die finale Verantwortung bei den Eltern sieht.)
Kajo Wasserhövel

Mir ist die Verantwortung der Eltern wichtig. Eltern müssen ihre Kinder unterstützen, eigene Medienkompetenz zu entwickeln. Und letztlich basiert das deutsche System auf Erfahrungen und Rahmenbedingungen, die wir hier gemacht haben. Mit diesen sind wir gut gefahren. Aber noch einmal: Eine Förderung und Stärkung der Medienkompetenz muss auch Aufgabe der Eltern sein. Und übrigens: Ich finde es sinnvoll, dass die Verantwortung bei den Eltern liegt. Es muss doch nicht alles institutionalisiert werden.

Franz Müntefering, Bundesvorsitzender der SPD.
Eurogamer 9. Wie wichtig ist ihnen Medienkompetenz (der Eltern) und wie wollen sie diese stärken?
Kajo Wasserhövel

Medienkompetenz ist der Schlüssel für einen verantwortungsvollen Umgang, beispielsweise mit Computerspielen. Neben dem Elternhaus muss die Medienkompetenz aber auch im Kindergarten, in der Schule und in der Jugendarbeit gestärkt werden. Wir müssen unseren Kindern zeigen, dass die einfachen Rollenmuster in den Computerspielen der sozialen Realität nicht entsprechen. Es gibt nicht nur Helden oder Verlierer. Alltag ist da komplexer und Gewalt ist kein legitimes Mittel. Das müssen wir ihnen vorleben. Wir müssen sie bei der Differenzierung zwischen virtueller und faktischer Realität unterstützen.

Eurogamer 10. Welche Veränderungen würden sie als Wahlsieger in punkto Neue Medien und Jugendschutz vornehmen?
Kajo Wasserhövel

Für unsere Demokratie ist ein unabhängiges und vielfältiges Mediensystem wichtig. Informationsfreiheit und Meinungsvielfalt sind Voraussetzungen für eine soziale Gesellschaft und eine starke Demokratie. Wir sind schon längst im digitalen Zeitalter angekommen. Deshalb müssen wir allen Zugang zu Informationen ermöglichen und die digitale Spaltung überwinden.

Dazu trägt auch der Ausbau eines bundesweiten Breitbandnetzes bei. Durch die Ausstattung der Schulen mit Computern und Internetanschlüssen können wir dazu beitragen, dass nicht die soziale Herkunft und der Geldbeutel der Eltern festschreibt, wer an Innovationen teilhaben darf und wer nicht. Wir wollen eine Stiftung Medien einrichten und das Angebot eines Medienführerscheins für Kinder und Jugendliche einführen.

Außerdem werden wir das Urheberrecht und das Urhebervertragsrecht den Erfordernissen der digitalen Welt anpassen. Wir wollen einen angemessenen Ausgleich zwischen Nutzerfreundlichkeit und den Rechten der Kreativen. Klar ist: Die Verwendung geistigen Eigentums muss gegenüber den Kreativen angemessen entlohnt werden.

Eurogamer 11. Wie steht ihre Partei zu der Sperrung von Webseiten? Befürworten sie das neue Telemediengesetz?
Kajo Wasserhövel

Mit dem Zugangserschwerungsgesetz haben wir doch gerade in einem Spezialgesetz – und eben nicht im Telemediengesetz - festgeschrieben, dass es nur um die Sperrung von Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten geht. Und dies erst, wenn man mit dem löschen nicht vorangekommen ist. Die Verkehrs- und Nutzungsdaten, die bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht zu Zwecken der Strafverfolgung gespeichert werden. Und außerdem ist die Speicherung von Nutzerdaten nicht vorgesehen.